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Pietro Castelli, Gian Antonio Castelli (geb. um 1570, gest. um 1640): Stuckaturen der Hofkirche Neuburg (um 1617)

Im Zuge der Gegenreformation erfuhr die Marienverehrung neue Bedeutung und Wertschätzung. Dafür gibt es auch in Bayern Belege. 1607/08 wurde in Neuburg an der Donau die römisch-katholische Hofkirche Mariä Himmelfahrt zu bauen begonnen, zunächst als protestantische Hofkirche. Bereits 1613 wurde sie von dem Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm zu einer Jesuitenkirche umgewandelt. Vorbild war dabei St. Michael in München. Die Ausstattung, ein Meisterwerk des Manierismus, ist ganz im gegenreformatorischen Sinne gehalten. Um 1617 wurde der Bau zum Abschluss noch mit vergoldeten Stuckaturen ausgestattet.

Betritt man den Raum, wird man von dem Bildprogramm regelrecht erschlagen. Es ist kaum möglich, es in seiner Gesamtheit zu erfassen, und eigentlich war es auch nicht vorgesehen, einzelne Elemente herauszuzoomen und isoliert zu betrachten.
Beauftragt mit dem Innenausbau waren die Schweizer Brüder Gian Antonio Castelli (geb. um 1570, gest. um 1640) und Pietro Castelli. Neben den römisch-katholischen Kirchenvätern wurde bei den Motiven auch eine Lauretanische Litanei gewählt. Die verschiedenen Symbole Mariens sind vornehmlich an den Seitenwänden zu finden, in zehn Meter Höhe über dem Altarbereich, wo jeder der Gewölbebögen mit anderen Symbolen ausgestattet wurde. In den jeweiligen Bogen wurde das Hauptsymbol vollständig vergoldet und ein Engel hinzugefügt, der es präsentiert und dabei durch ein Podest erhöht wird. Links wie rechts sind in den Zwickeln noch Nebensymbole zu finden, die nur partiell an den Rändern vergoldet wurden.

Die Civitas Dei ist ein solches Hauptsymbol, angelehnt an Stift Melk über der Donau. Es wird von einem stehenden Engel gehalten, der es mit seinen Armen teilweise verdeckt. Gut zu sehen ist die lange Stadtmauer, deren Vergoldung rechts bereits abblättert. Aus perspektivischen Gründen können die Bauten hinter der Mauer vom Altarbereich aus weniger gut erkannt werden, vom Hauptschiff aus gar nicht.

Auf der gegenüber liegenden Seite befindet sich die Himmelspforte. Sie ist als Nebensymbol in den linken Zwickel eingefügt, wo sich Wolkenberge auftürmen. Es ist ein klassizistisches Tor auf einer plastischen Stuckvolute, die hier aussieht wie ein schmaler Weg. Auf ihrem Gesims ist ein vergoldeter Engelskopf appliziert, was nochmals das Motiv des Wächterengels vor dem Objekt wiederholt. So viel Bewachung scheint notwendig, denn es handelt sich um eine offen stehende Porta Coeli.

Reinhard H. Seitz, Albert Lidel: Die Hofkirche Unserer Lieben Frau zu Neuburg an der Donau, Weißenborn 1983.
Jeffrey Chipps Smith: Sensuous worship, Princeton 2002.
Ursula Pechloff, Anthony Bowater: Hofkirche „Unserer Lieben Frau“: Neuburg an der Donau, Bistum, Passau 2015.

 

tags: Gegenreformation, Donau, Oberbayern, Barock, Civitas Dei, Porta Coeli, Jesuiten
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