Als Autodidakt, der keine Professur innehielt und in keine Akademie gewählt wurde, hat die Kunstgeschichte sich für den britischen Maler Henry Dawson (1811-1878) nie ernsthaft interessiert. Dawson war von den Arbeiten des englischen Apokalypsemeisters John Martin (1789-1854) begeistert, was vielleicht sein Verhängnis war, denn er trat aus dem Schatten seines Meisters nach eigenem Bekunden kaum heraus: „For a time I could think and talk of nothing else“. In einem seiner eigenen Werke, „Pilgrims in the sight of the Celestial City“ kommt dies deutlich zum Ausdruck. Das kleinformatige Ölbild (106 x 76 Zentimeter) wurde 1958 durch John Stafford vom Leicester Museum and Art Galleries Collection erworben. Auch dieses Kunstwerk ist eine Hommage an große Kunst, nämlich Bunyans „Pilgrim Progress“, das englische Nationalepos des Puritanismus.
Ein tiefer Wald bedeckt hier den Vordergrund, auf dem links eine kleine Pilgergruppe zu sehen ist. Ein schmaler, gewundener Pfad führt in ein tiefes Tal, hinter dem sich ein goldenes, neobarockes Tor erhebt. Hinter einer gewaltigen Mauer, die sich in der Mitte von links nach rechts durch das gesamte Bild schiebt, erhebt sich in mehreren Schichten eine gewaltige Stadt. In nebeliger Ferne deuten sich Pyramiden, Propyläen, antike Tempel und unzählige Kirchtürme an. Eine solche Architektur findet sich auch außerhalb der Stadtmauer, jedoch im ruinenhaften Zustand, in die Landschaft gesetzt. Im Zentrum der Stadt erhebt sich über einem Halbrund ein gewaltiges lateinisches Kreuz, von dem gleißendes Licht auszugehen scheint. Es soll offen bleiben, ob es sich um eine gewaltige Kuppel oder den Zionsberg handelt.
Alfred Dawson: The life of Henry Dawson, landscape painter, 1811-1878, London 1891.
Peter S. Bird (Hrsg.): Leicester Museum collection of paintings, Leicester Museums and Art Gallery, Leicester 1958.
William Feaver: The art of John Martin, Oxford 1975.
Heather Williams: Henry Dawson (1811-1878), Centenary exhibition, Nottingham 1978.