Willee WTH Regensburger: Altar-Installation des Klinikums Schön in Neustadt (1995)
Die kleine Hauskapelle des Schön-Klinikums in Neustadt in Holstein wurde zeitgleich mit dem Klinikneubau von 1993 bis 1995 gebaut. Es ist eine der ganz wenigen Krankenhäuser, die sich noch in privater Trägerschaft einer Familie, hier der Familie Schön, befinden. Seit 2003 ist die erfolgreiche Einrichtung auch ein akademisches Lehrkrankenhaus der Universität zu Lübeck.
1995 wurde die Kapelle fertiggestellt und feierlich eingeweiht. Sie wartet mit einer ungewöhnlichen Altargestaltung auf, für die man Willee WTH (sic!) Regensburger (geb. 1954) gewinnen konnte, der damals in München lebte und arbeitete. Regensburger konnte zu diesem Zeitpunkt ein reichhaltiges Schaffen als Medienkünstler, Maler, Bildhauer, Regisseur usw. vorweisen, auf das hier nicht näher eingegangen werden kann. Er hat in seinen Arbeiten auch den Schamanismus mit einbezogen, als Kirchenkünstler ist er damals eher peripher in Erscheinung getreten, so bei Performances wie der „Brotverbrennung“ in der Kasseler Alten Brüderkirche oder bei Glasfenstern für ein Caritas-Altenheim in Mannheim. Um so überraschender ist es, dass sich der Künstler bei seiner ersten Altargestaltung sehr konkret und figürlich auf traditionelle biblische Ikonographie bezieht – leider ist diese Arbeit in der Sakralkunst, so weit ich sie überblicke, eigentlich nicht wahrgenommen worden – zu Unrecht, denn die Qualität überzeugt durchaus. Bei meinem Besuch wurde mir versichert, wie gut dieser Raum angenommen wird, gerade Kranke oder Verunfallte fühlen sich von der Wärme und der Altarrahmung, die etwas von Geborgenheit und Schutz vermittelt, angesprochen.

Hinter dem Altarbereich wurde mit Rigipsplatten ein Kasten vor der Glaswand errichtet. Zum Altar hin kann dieser Kasten betreten werden, etwa vom Priester bei der Messe. Er wird dann von der Rückwand, von oben und an den zwei Seiten vom Himmlischen Jerusalem umfangen in warmen, sich mischenden blauen, grünen und gelben Farben. Dessen Anlage erschließt sich nun nicht mit einem Blick, sondern offenbart sich gewissermaßen Stück für Stück, wenn man sich im Raum bewegt. Steht oder sitzt man vor dem Altar, sieht man in der Mitte der Rückwand lediglich das Lamm Gottes, golden in einem goldenen Kreis. Hier entspringen die vier Paradiesflüsse, durchströmen vier silberne Tore und verteilen sich in die jeweiligen Himmelsrichtungen. Geichzeit entspringen aus der Mitte nicht nur die Flüsse, sondern auch vier mächtige Bäume, die Früchte tragen. Das Lamm wie auch andere Figuren wurden in den Gips geritzt und anschließend bemalt. So findet man immer wieder eingeritzte menschliche Gesichter auf der Wandoberfläche; die Geretteten in der Stadt. Hin und wieder erscheinen Türme, die an Schachfiguren erinnern. Es sind die zwölf Tore der Stadt, ihnen ist in vergoldeten Buchstaben jeweils ein Name eines Apostels eingeritzt. Sie schweben wie Bildinseln ohne Stadtmauern frei auf der Trägerfläche. Vier dieser Tore sieht man auf der Rückwand. Die übrigen sind auf den Seitenwänden verteilt; man kann sie vollständig erst sehen, wenn man diese Jerusalems-Höhle betreten hat. Durchzogen werden die Seiten auch vom Lebensfluss, dessen Wogen am Ufer kräuseln und kleine Strudel zurücklassen.




