Hilarius Schwarz hat direkt am Friedhof von Worringen, dem nördlichsten Stadtteil von Köln, sein Atelier, wo auch im Freien eine Auswahl seiner Werke präsentiert wird. Der Steinmetz- und Bildhauermeister führt den Betrieb bereits in dritter Generation und bildete selbst zahlreiche Auszubildende aus, künstlerisch anspruchsvoll gestaltete Grabsteine sind hier der Tätigkeitsschwerpunkt.
Im Laufe der Jahre hat der Meister das Motiv der Himmelspforte immer wieder aufgegriffen, auch bei einem Wettbewerbsbeitrag für den zentralen Eingangsplatz des Kölner Melatenfriedhofs mit einem aus Hartgestein Impala gefertigte Torbogen, 1,50 Meter breit und 60 Zentimeter tief (2013). Weniger bekannt sind seine Himmelspforten auf Grabsteinen und Grabstelen. Es ist fast immer eine einfache Darstellung mittels weniger Linien, die an den oberen Abschluss eines Steines, häufig auch in einer der Ecken, eingearbeitet wurde. Es ist nicht unbedingt ein christlicher Kontext, in dem die Pforte, präsentiert wird, sondern es wird Raum gelassen für Deutung und Interpretation. Dem entspricht, dass sich die Pforte nicht aufdrängt, sondern eher beiläufig, weich und farblich nicht abgesetzt eingearbeitet wurde. Selbstverständlich sind es auch immer Auftragsarbeiten, bei denen man, anders als bei freien Skulpturen, auf Wünsche und finanzielle Möglichkeiten der Kundschaft Rücksicht zu nehmen hat.
Ein frühes Beispiel, eine Grabstele für G. Hebborn (1967-1995), wurde seiner Qualität wegen sogar in dem Band „Grabmale – Zeichen der Erinnerung“ aufgenommen. Zusammen mit einem Engelsflügel und einem Marienstern war diese Pforte von 1995 christlich konnotiert. Die Stele, einst auf dem Friedhof von Bergisch-Gladbach, hat nicht die Zeit überdauert, was symptomatisch ist: Obwohl man denken könnte, die mitunter meterhohen Steine wären für die Ewigkeit gemacht, sind es ephemere Kunstwerke: Viele Steine werden nach immer kürzeren Liegedauer abtransportiert, geschreddert oder umgestaltet. Um zumindest der Nachwelt einen kleinen Eindruck der Moden und Tendenzen unserer Sepukralkultur zu geben, wurde diese Sammlung zusammengestellt.
2001 schuf Hilarius Schwarz erneut eine Stele mit einer Himmelspforte, diesmal zum Thema „Weg und Tor als Übergang“ für Heinrich Mareck (1927-2001). Er befindet sich auf dem Friedhof von Köln-Fühlingen (Stand 2022). Ein 130 Zentimeter hoher afrikanischer Gabbrostein blieb, bis auf die Namensaufschrift des Verstorbenen, im Großen und Ganzen ungestaltet. Allein am oberen Abschluss sind Stufen skizziert, die in ein rundbogiges Tor münden: alles mehr angedeutet, als kompliziert oder ornamentiert ausgeführt. An den Seiten buchtet der Stein aus, es entsteht die Assoziation von Flügeln. Nach der Herstellung wurde ein weißes Glassteinchen in den Scheitel der Pforte fest eingearbeitet.
Zwei Jahre darauf folgte auf dem Friedhof von Köln-Worringen der Grabstein für Cäcilie Otta. Auf dem polierten schwarz-grauen Granitstein formt eine menschliche Figur die Umrisse einer Pforte. Dies ist, wie auch die Stufen darunter, mit nur wenigen Linien in den Stein eingemeißelt, hebt sich aber durch die weiße Farbe klar, fast leuchtend, von dem dunklen Stein ab. Das Motiv ist eine Vorwegnahme des zehn Jahre später folgenden Wettbewerbsbeitrags für den Melatenfriedhof.
Ganz anders wurde das Pfortenmotiv für den Grabstein von Alfons Degen gestaltet, ebenfalls auf dem Friedhof von Köln-Worringen zu finden. Die zwei Flügel einer Tür öffnen sich, auf den Innenseiten dieser Flügel erblickt man Kreise, die vielleicht Teil der Scharniere sind. Klarer ist das, was die jetzt offenstehende Rundbogenpforte fast vollständig ausfüllt: ein knorriger, alt wirkender Baum, im christlichen Kontext natürlich der Lebensbaum, für Neuheiden Yggdrasil. Die Darstellung in den hellen Sandstein eingeritzt wirkt archaisch, fast wie ein Symbol oder ein Emblem.
Eine weitere Arbeit von Hilarius Schwarz, auf dem Friedhof von Köln-Fühlingen, entstand 2008. Es handelt sich um einen 140 Zentimeter hohen rechteckigen Block aus rotblau gekörntem Granit, der nach oben dreieckig ausläuft. Direkt unter das Dreiecksfeld hat der Künstler eine Pforte, eine unbestimmte Blume und einige nach unten auslaufende Stufen eingeschlagen. Dies alles wurde mit weißgrauer Farbe hinterlegt.
Es folgen abschließend drei neuere Arbeiten der Zeit um 2022 aus dem Atelier des Meisters. Im Gegensatz zu den anderen Werken stand 2020 noch nicht fest, für wen diese Steine einmal gedacht sind, das heißt, für die Ausfertigung war allein und ausschließlich der Steinmetz verantwortlich. Was die neueren Arbeiten auszeichnet, ist die höhere Bedeutung von Schrift und Sprüchen. Weiterhin nimmt die Pforte nur einen geringen Teil des Raumes ein, sie erscheint beiläufig akzidentiell, leicht zu übersehen, zumal dann, wenn sie, wie im ersten Beispiel, nicht farblich hinterlegt ist. Hier wurde eine schmale Pforte in die obere rechte Ecke tief eingehauen. Rechts schließt der Pfeiler der Pforte den Stein gleichsam ab, links ist der Pfeiler fast vollständig von einem früchtetragenden Baum verdeckt. Kaum sichtbar ist in den Scheitelstein das Chi-Rho als Kreuz eingefügt, passend zu dem gesamten Stein in Form eines lateinischen Kreuzes.
In eine Stele aus weißem Marmor ist links eingearbeitet „Dank für dein Sein“ in Analogie an ein 2013 erschienenes Buch von Regine Bauer „Danke für Dein Sein“. Dabei bleibt offen, ob es der Dank der Nachgeborenen an/für den Verstorbenen ist, oder ob vielmehr der Verstorbene seinen Dank an eine Göttlichkeit Ausdruck verleiht. Rechts findet sich eine Pforte aus mehreren konzentrisch gesetzten Bögen. Geschicktes Detail: Die Stufen von unten buchten nach außen, die Bögen der Pforte nach innen.
Die letzte Arbeit erinnert durch ihre Form und die Beschriftung mit lateinischen Buchstaben an römische Grabsteine, die unweit Worringen gefunden wurden und heute im Römisch-Germanischen Museum Köln bewundert werden können (etwa das Grabsteinfragment der Priminiae Augurinae). Folgendes ist hier unter die Pforte, deren Rundbogen leicht nach oben ausbricht, geschrieben: „Ein Tag ist ein Geschenk / Sein verlangt nach Ausdruck / Ein Tag ist unbesprochen / Kosmisch klirrend leer / Ein Tag ist Wunder / ist Wirklichkeit / ist eiskalt / blaue Gegenwart“.
Horst Wanetschek, Margaret Wanetschek: Grabmale – Zeichen der Erinnerung, Bozen 2005.
Gedenken tut gut. Grabmale Hilarius Schwarz, Köln 2005.
Der Herr der Steine, in: Worringer Nachrichten, 19.07.2011, S. 20.
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