Sargbriefe aus Schweden (1832 und 1839)

In Schweden bildete sich eine eigene Bildtradition des Zweiwegebildes heraus. Dort gab es die sogenannten Kistebrevs (auf Dänisch kistebilde). Das waren einfache und billige, meist farbenfrohe Einblattdrucke, die unter einen Sargdeckel geklebt oder als Wanddekoration verwendet wurde. Besonders beliebt waren solche Drucke in der Zeit von 1700 bis 1850 in ganz Skandinavien. In den entsprechenden Sammlungen dieser Kistebrevs machen die Zweiwegebilder eine eigene kleine Untergruppe aus. Sie ist nicht zuletzt deswegen klein geblieben, weil viele der Zeichnungen tatsächlich in einem Sarg ihre letzte Ruhe auf einem Friedhof fanden und nach wenigen Monaten verrottet waren, allein schon der Feuchtigkeit wegen.

Das erste Beispiel „Biblist Rese-Charta öfwer Lifwets och Dödens Wåg“ ist in Jönköping (Provinz Småland) 1832 erstmals nachgewiesen, herausgebracht von Johann Pehr Lundström (1783-1868). Dieser Fassung war ein großer Erfolg beschieden, sie wurde mindestens 1843, 1849 und nochmals 1850 nachgedruckt, es gibt kolorierte und einfarbige Blätter. In den Bildfeldern finden sich zahlreiche Bibelverse und Erläuterungen, denen eine ebenso hohe Bedeutung wie das Gezeichnete beikommt. Schon der Bildaufbau zeigt große Unterschiede zu den Fassungen des europäischen Festlands. Hier befinden sich nämlich die Zugänge zur Hölle unten links sowie rechts, die Zugänge zum Himmel dann oben links und rechts. der obere ist vom unteren Bereich getrennt, einen wirklich verbindenden, auch noch so schmalen Weg nach oben gibt es nicht. Oben tragen verschiedene Menschen ein Kreuz von links nach rechts, bis an eine Pforte. Sie steht quer zum Betrachter, so dass man sogar die Innenseite der einfachen Pforte sehen kann. Der einzige Bewohner des Himmlischen Jerusalem ist hier ehrfurchtsvoll auf die Knie gefallen, denn vor ihm erscheint die Dreieinigkeit. Variantenreich sind die verschiedenen Strahlen um die Häupter gesetzt, einmal als Kreis, dann als Dreieck und schließlich als Oval. Auch an anderen Stellen, vor allem bei den Sündendarstellungen und Höllenqualen, hält sich der Zeichner mit Einfallsreichtum und drastischen Szenen nicht zurück. Das Exemplar stammt aus der Königlichen Schwedischen Nationalbibliothek (Kistebrev 1:7), die über eintausend solcher Sargbriefe besitzt.

 

Ein weiteres Exemplar dieser Sammlung entstand nur wenige Jahre danach 1839 in Lund (südschwedische Provinz Skåne), herausgebracht von dem Drucker Lundbergska (Schwedische Nationalbibliothek, Kistebrev 42:17). Der Aufbau ist ähnlich wie zuvor, die künstlerische Gestaltung jedoch feiner weniger grob. Ebenfalls rechts oben zeigt sich eine Mauer mit dem Himmelstor, davor ein Mann in blauem Frack. Da die Mauer quer steht und die Frontalseite zum Betrachter hin offen bleibt, kann man ebenfalls direkt in das Neue Jerusalem hineinblicken. Hier sehen wir den gleichen Mann, wie er mit einem Buch (vermutlich der Bibel) vor einer Flagge (der Siegesfahne) steht und dabei von einem Engel ausgezeichnet wird (mit der Krone der Märtyrer). Darüber finden sich zahlreiche blaue Wolken, als Gegenpol zu den roten Flammen und Rauchwolken über der Hölle, die unter die Himmelsszene gesetzt ist.

Gamla kistebrevs boken visar vad stjärnorna säga om eder karaktär och edert framtida öde, Stockholm 1917.
Randi Asker: Danske tresnitt og kistebrev i Norge, in: Norsk Folkemuseums Arbok, 5, 1947, S. 77-102.

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tags: Zweiwegebild, Schweden, Kreuz, Hölle, Volkskunst, Sepukralkultur
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