Antoine Caron (um 1521-1599): Ölgemälde „Tag des Jüngsten Gerichts“ (um 1550)

Der „Tag des Jüngsten Gerichts“ ist eine Ölmalerei von Antoine Caron (um 1521-1599), bekannt für seine manieristischen Renaissancemalereien als Hofmaler des französischen Königs. Er wird der Malerschule von Fontainebleau zugerechnet. Werke wie „Apotheose der Semele“, „Trauerzug Amors“ oder „Bagathan und Tharès“ zeigen sein Interesse an der antiken Götterwelt, hier konnte man noch Neues finden und wagen. Innerhalb der christlichen Ikonographie ist er schwächer vertreten, diese Werke sind eher konventionell oder entsprachen der Tradition. Bislang unbekannt war ein Weltgericht Carons, welches erst im 21. Jahrhundert bei einer Auktion entdeckt wurde und diese Seite des Schaffens von Caron näher beleuchtet.

Das Gemälde hat eine Gesamtgröße von 172 x 130 Zentimetern. Sein Entstehungshintergrund ist nicht bekannt, Fachleute datierten es auf um 1550. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass es für eine Schlosskapelle eines Adeligen angefertigt wurde und nach der Französischen Revolution in Privatbesitz kam. Wie auf mittelalterlichen Vorbildern erscheint Christus im oberen Bereich als Richter auf einem rudimentären Regenbogen, ohne Lilie und ohne Schwert, aber mit seinen Begleitern Maria und Johannes. Umgeben sind sie von weiteren Heiligen, die sich durch Bücher als Urheber der Bibel zu erkennen geben. Darunter eröffnen acht Engel mit Posaunen das endzeitliche Gericht. Rechts findet sich die Verdammnis: Eine breite Brücke oder ein Aquädukt führt zu pechschwarzen Ruinen, hinter denen es rot glüht. Weiß wie Marmor ist hingegen die Stadt auf der gegenüber liegenden Seite. Das Neue Jerusalem an dieser linken Seite ist einzigartig, ohne ein bekanntes Vor- oder Nachbild. Ein breite, weit ausladende Treppe führt zu einer Freifläche mit Arkadenreihen im Hintergrund; sie wirkt wie ein Bühnenbild oder die Gartenanlage eines französischen Schlosses. Dort sind noch weitere dieser Treppen angedeutet. Von verschiedenen Seiten streben Menschen nach oben – sie sind nackt, daher auf den Treppen, die weiß wie Marmor sind, kaum auszumachen. Zielpunkt scheint ein gewaltiges Tor zu sein, mit zwei Doppelsäulen fast ebenso hoch wie die gesamte Treppe. Auf dem Tor steht ein Engel. Es scheint offen zu sein, vielleicht beginnen erst hinter ihm die himmlischen Welten.

Jean Ehrmann: Antoine Caron. Peintre à la Cour des Valois, Lille 1955.
Jean Ehrmann: Antoine Caron. Peintre des fêtes et des massacres, Paris 1986.
Frédéric Hueber: Antoine Caron. Peintre de ville, peintre de cour, 1521-1599, Tours 2018.

 

tags: Weltgericht, Spätrenaissance, Klassizismus, Prunktreppe
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