Peter Valentin Feuerstein (1917-1999): Wandmalerei von St. Cyriakus in Mückenloch (1976)
Der Ort Mückenloch ist wenigen bekannt und noch weniger werden schon einmal da gewesen sein. Anders als man bei einem Loch vermutet, liegt die Ortschaft auf einem Plateau hoch über dem Neckartal. Die Geschichte der ehemaligen römisch-katholischen Kirche ist ein Lehrbeispiel wie man es nicht machen sollte: Ursprünglich besaß der Ort eine Kirche aus dem späten 13. Jahrhundert, bescheiden und daher kostengünstig, für die Verhältnisse vor Ort also völlig ausreichend. Erst im 20. Jahrhundert kam man auf die Idee, man würde mit einer modernen Kirche besser fahren: 1971 wurde das bestehende Kirchenschiff abgerissen. Den Kirchenturm wollte man eigentlich in den Neubau integrieren, doch der Abriss erfolgte so stümperhaft, dass man den Turm derart beschädigt, dass gleich alles abgerissen werde musste. Der Nachfolgebau nahm auf die Proportionen des Vorgängers zwar Rücksicht, war aber in allem schlechter: schlechtere Energetik, schlechtere Akustik und, was sich bald verhängnisvoll auswirken sollte, für die zahlenmäßig rückläufige Kirchengemeinde war er viel zu groß. 2024 stand fest: Heiz- und Personalkosten zu hoch; die Kirche wurde zum Herbst 2025 profaniert. So hat die katholische Gemeinde völlig unnötig einmal den Abriss finanziert, dann den Neubau gestemmt und steht heute ohne Kirchengebäude da.
Im Inneren wollte man einen bewussten Bruch zur bisherigen Sakralkunst, und man hatte einen zuverlässigen Traditionsbrecher gefunden, der auch schon anderswo für Aufsehen gesorgt hat: Peter Valentin Feuerstein (1917-1999), der nicht unweit vom Ort in Neckarsteinach sein Atelier hatte. Zwischen 1955 und 1990 hat der Künstler in Baden das Neue Jerusalem auf ein halbes Dutzend Glasfenster gebracht, als Wandmalerei findet man es in seinem Schaffen nur in Mückenloch. Der Künstler war schon vor dem Abriss mit den Örtlichkeiten vertraut, seit er in der Nachbargemeinde Dilsberg Fenster ausgeführt hatte.

Hauptsächlich über das Jahr 1976 hinweg gestaltete Feuerstein die Haupt- und Seitenwänden hinter dem Hochaltar, ebenso die Buntglasfenster, und arbeitete an die einhundert biblische Themen ein, etwa die klugen und törichten Jungfrauen, Engel am leeren Grab, die Weisen aus dem Morgenland, den ungläubigen Thomas und vieles andere, was sich allgemein unter das Motto „Lebensstationen Christi“ fassen lässt, aber auch darüber hinaus geht. Das gilt auch für die subtile Einarbeitung des Neuen Jerusalem. So sind am Fundament und an den Seiten der Hauptwand Mauern, Säulen und Tore Jerusalems zu entdecken.

Weiß auf weiß sind im unteren Bereich zwölf verschieden große Tore eingearbeitet. Es sind einfache Rundbögen ohne weitere Bezugspunkte – nicht einmal ob sie offen oder geschlossen sind, wird deutlich, vielleicht soll es auch nicht deutlich werden, unklar und geheimnisvoll bleiben.
Günther Wüst, Stefan Wilschko: Die katholische Kirche in Mückenloch. Aus der Bau-und Kirchengeschichte, Neckargemünd 1991.



