Italienischer Meister: Madonnenbild der Lieben Frau von Łukawiec (um 1620)

Überregional bekannt ist eine Madonnenmalerei, die das bauliche und spirituelle Zentrum der Kirche von Łukawiec (Karpatenvorland) ausmacht. Dort befindet sich das Bildnis Liebe Frau von Łukawiec (polnisch: Matka Boża Łukawiecka), früher Unsere Liebe Frau von Tartaków, auch bekannt als Unsere Liebe Frau voller Gnaden (polnisch: Matka Boża Łaskawa). Diese römisch-katholische Ikone der Heiligen Jungfrau Maria zeigt eine stehende Frauenfigur, über der eine vergoldete Krone schwebt. Umgeben ist die Figur mit einer Auswahl von Symbolen nach der Lauretanischen Litanei, jedoch eigenwillig und in dieser Form woanders kaum zu finden: Links entdeckt man einen kreisrunden Hortus Conclusus, der an ein Labyrinth erinnert. Rechts findet man einen Turm, welcher einer modernen Rakete ähnelt. Ganz unten kann man einen Apfel erkennen, der vermutlich auf die Überwindung der Erbsünde hinweist – einmalig im Kontext der Litanei. Auch versteckte Symbole sind zu finden: Ganz oben rechts zeichnen sich, kaum sichtbar, die feinen Umrisse einer Himmelspforte ab.

Links Museum Nahim Isaías, rechts Łukawiec.

Eine solche Himmelspforte kennt man von einem 115 x 86 Zentimeter großen Ölbild, welches zeitgleich mit der Madonna von Łukawiec entstanden ist, möglicherweise in Italien. Es gelangte aus Quito nach Guayaquil, beides Städte im heutigen Ecuador, wo es im Museum Nahim Isaías aufbewahrt wird. Auch die Handhaltung wie auch die Idee der schweben Krone sind hier identisch, so dass man davon ausgehen darf, dass beide Werke aus der gleichen Malschule stammen.
Das Bild der Łukawiec-Fassung wurde Anfang des 17. Jahrhunderts von einem unbekannten Maler aus Italien auf eine auf Holz geklebte Leinwand gemalt und im Potocki-Schloss in Tartaków angebracht. Nach dem Schlossbrand gelangte das Bild 1727 in den Besitz des Kaplans Stanisław Potocki und des örtlichen Pfarrers Mikołaj Kucharski. Nach dessen Tod wurde das Bild der Heiligen Jungfrau 1764 in der örtlichen katholischen Kirche über dem Taufbecken angebracht. Jetzt setzten Wunder und Heilungen ein, was dazu führte, dass es im folgenden Jahr an den Hochaltar versetzt wurde. Im Jahr 1765 sollen die Augen der Madonnenfigur blutige Tränen geweint haben. 1779 wurde für das wundertätige Gemälde auf Initiative von Priester Kostkiewicz ein neuer Hauptaltar errichtet. In einem Verzeichnis aus dem 18. Jahrhundert sind 407 Fälle von Wundern verzeichnet, die durch das Bild geschehen sind, sowie über 300 Gaben für die empfangenen Gnaden (sogenannte Votive).
1944 konnte das Gemälde vor möglicher Zerstörung bewahrt werden, indem es in die hölzerne Dreikönigskirche in Łukawiec bei Lubaczów deportiert wurde, wo es auch nach dem Krieg zu sehen war. 1963 gelangte es zunächst nach Lubaczów, fand seinen endgültigen Ort aber in Łukawiec, als man beschloss, ihr zu Ehren eine Kirche zu errichten. Die Kirche der Heiligen Jungfrau Maria, Königin von Polen, wurde nach Ende der kommunistischen Herrschaft im postmodernen Stil errichtet und 1990 von Bischof Marian Jaworski geweiht. Im selben Jahr wurde das Marienbild im eigens dafür eingerichteten Hauptaltar aufgestellt.

Zwar ist noch viel Weiteres über die Wunder und die verschiedenen Orte der Aufstellung bekannt, jedoch fehlt es an einer kunstwissenschaftlichen Einordnung oder gar Analyse. An dieser Stelle sollte erwähnt werden, dass das Bild für die Kirche ein heiliger Gegenstand ist und die Erforschung nur eine untergeordnete Rolle spielt. So wurde das Gemälde zwar 1991 von Papst Johannes Paul II. während einer seiner Pilgerreisen nach Polen aus seiner Verankerung genommen und umhergetragen, aber zu einer wissenschaftliche Beschäftigung steht es nicht zur Verfügung, unter einer Ausnahme: 2016 wurde das Gemälde in Krakau restauriert, wobei es erstmals analysiert und begutachtet wurde.

Agustín Moreno Proano: Tesoros artísticos. Quito, Guayaquil 1983.
Krzysztof Dawid Majus: Łukawiec. Zarys dziejów wsi 1465-2015, Przemyśl 2015.
Bogumiła Kowal, Krzysztof D. Majus: Łukawiec. Dzieje galicyjskiej wsi, Przemyśl 2016.
MartaTrojanowska: Wizerunek Matki Bożej Tartakowskiej w kościele parafialnym pw. Matki Bożej Królowej Polski w Łukawcu k. Lubaczowa w świetle archiwaliów, in: Wędrujące Madonny. Wizerunki Madonn Kresowych na Podkarpaciu, Przemyślu 2020, S. 111-124.

 

tags: Madonnenmalerei, Wunderbild, Wallfahrtsort, Karpatenvorland, Polen
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