
Heinz Lilienthal (1927-2006): Betonfenster der Friedhofshalle in Wagenfeld (1965)
Anders als bei Kirchen sind die Kunstwerke in Friedhofskapellen meist weniger bekannt – die Objekte liegen oft abseits auf Friedhöfen, sind tagsüber meist verschlossen und werden in der Regel nur bei Bestattungen genutzt. Besonders gilt dies in entlegeneren Regionen wie in Wagenfeld, umgeben von größeren Moorgebiete wie dem Neustädter Moor, dem Renzeler Moor und dem Rehdener Geestmoor. Keine Bahnstrecke führt zu der Gemeinde mit etwa 7.000 Einwohnern. Aufgrund der verstreuten Lage ihrer Gehöfte galt Wagenfeld einst als das größte Dorf Deutschlands – auch heute noch kann man diese Charakterisierung auf dem Gelände des Friedhofs nachempfinden. Dort baute die evangelische Gemeinde 1965 eine Trauerhalle und Kapelle für bis zu einhundert Trauernde. Mehrere Buntglasfenster sollten gestaltet werden, womit die Gemeinde den Künstler Heinz Lilienthal (1927-2006) aus Bremen beauftragte.
Heinz Lilienthal gelang es in Wagenfeld erstmals für das Himmlische Jerusalem eine Gestaltung zu finden, die er später noch öfters anwandte, etwa bei der Felicianuskirche in Weyhe (1967) oder der Auferstehungskirche Bergkamen-Weddinghofen (1977), bei der die Ähnlichkeit mit Wagenfeld besonders deutlich wird. Anders als bei vielen Arbeiten anderer Künstler verließ sich Lilienthal bei seiner Jerusalems-Interpretation vornehmlich auf verschiedene Blautöne – die Werke wirken daher etwas dunkel und kühl, was jedoch für eine Friedhofskapelle durchaus angemessen scheint. In Wagenfeld hat Lilienthal ein quadratisches Betonfenster von fünf mal fünf Metern vorne links, gegenüber dem Haupteingang, für dieses Motiv gewählt.
Es handelt sich um ein Betonglasfenster mit drei Bahnen. In der mittleren Bahn erscheint ein helleres Zentrum mit gelben, teilweise auch orangfarbenen Scheiben, in unförmiger Gestalt – gewollt oder nicht vermag man hier einen Totenkopf erkennen – in der älteren Sakralkunst, etwa im Barock, etwas Selbstverständliches, bei modernen Werken eher selten. Intention der Darstellung waren aber sicherlich die Bauten des Neuen Jerusalem. Blaue Streifen ziehen sich in Zacken um dieses Gebilde, erst Marineblau, dann Hellblau, schließlich Türkisfarben. Bekrönt sind die Bauten von einem Lamm aus gelben Scheiben als Symbol für Christus.
Werner Kloos: Heinz Lilienthal. Werdegang und Werk. Gestaltung in Glas, Stein und Metall, Bremen 1985.
Timo Friedhoff: Kirche und Kirchengeschichte in Wagenfeld, Wagenfeld 2001.
Timo Friedhoff: Kirchenchronik 250 Jahre St. Antonius-Kirche Wagenfeld, 1774-2024, Wagenfeld 2023.