
Für das Anfang der 1960er Jahre erbaute Altenzentrum der Brüdergemeinde im pietistisch geprägten Ort Korntal war von Beginn an eine einheitliche künstlerische Ausgestaltung vorgesehen. An verschiedenen Wänden im Haus hat der Grafikdesigner und Maler Gerhard Messner (geb. 1948) aus Trossingen Kunstwerke geschaffen, der familiäre Beziehungen zu dem Ort hatte (signiert rechts unten).
Das Gemälde zum Himmlischen Jerusalem wurde 1990 bis 1993 konzipiert und 1994 ausgeführt. Es entstand nicht im Atelier, sondern vor Ort als Wandgemälde auf einer leicht konkav gebogenen steinernen Platte. Zwei weitere Bilder von Messner, „Durchbruch“ und „Gott spricht in die Zeit“, wurden 2001 beim Übergang vom Pflegeheim ins betreute Seniorenwohnen und im Rundtreppenhaus des Pflegeheims ergänzend aufgestellt.
Die Pastellfarben und hellen Farbtöne vermitteln Klarheit und Transparenz. In der Mitte des Bildes hat Messner ein Lichtkreuz gesetzt, welches sich über die gesamte Breite und Höhe des Gemäldes zieht. In dessen Mitte, nur leicht angedeutet, ist auf goldenem Hintergrund ein weißes Siegeslamm platziert ist – selbst auf dem metergroßen Original ist es bewusst nur sehr schwer zu erkennen. Auf den Entwurfszeichnungen ist es noch nicht zu finden, sondern es wurde erst im Laufe der Arbeiten vor Ort auf Wunsch der Gemeinde hinzugefügt. Eine erhaltene Entwurfszeichnung von 1993, die insgesamt expressiver gehalten ist, zeigt das goldene Quadrat noch ohne das Lamm.
Die bunten Quader, meist rot oder blau, sollen an die Edelsteine erinnern. Geschickt gelang es Messner sie so einzufügen, als würden sie vor der Architektur frei im Raum schweben. Hinter ihnen findet man immer wieder Kuppeln der Türme, und wer genau zählt, wird auf die Zahl Zwölf kommen. Unter ihnen ziehen sich über die gesamte untere Bildbreite blaugraue Blöcke: sie Stadtmauer der Riesenstadt. Das eigentliche Fundament, auf dem das Wandgemälde ruht, sind mehrere Marmorblöcke, die die Farbe des Fußbodens aufnehmen.
Das Bildnis findet sich als Altarwand im Andachtsraum im Erdgeschoss, wo regelmäßig Andachten für die Bewohner und Bewohnerinnen gehalten werden. Dieses Werk lädt zum Innehalten, Betrachten und Nachdenken ein und soll, so die Intention der einstigen Heimleitung, die Betrachter und Betrachterinnen an diesem, ihrem letzten Ort, mit Gott näher bringen.
Evangelische Brüdergemeinde Korntal (Hrsg.): Kunst im Altenzentrum, Korntal 2002.
Thomas Kabisch: Bildwerk und Betrachter. Zum Schaffen des Trossinger Malers Gerhard Messner, in: Schriften des Vereins für Geschichte und Naturgeschichte der Baar, 58, 2015, S. 135-150.