Hausen bei Großmuß (Niederbayern) besitzt eine Kirche mit dem Namen St. Georg, in Hausen im Landkreis Rhön-Grabfeld (Unterfranken) hat die Kirche ebenfalls den Namen St. Georg, so dass ich zwei Mal am falschen Ort war, bis ich herausfand, dass nur die Kirche Hausen an der Zaber ein Kunstwerk mit dem Himmlischen Jerusalem als Glasfenster besitzt. Dieses Fenster war seinerzeit ein kleiner Auftrag, für diese Georgskirche war lediglich ein Altarfenster neu zu gestalten. Das war erforderlich im Rahmen von Umbaumaßnahmen, die der Pfarrer Eugen Maurer zusammen mit dem Architekten Gerhard Fetzer vornahm.
Wolf-Dieter Kohler (1928-1985) war zu dieser Zeit mit den großen Fenstern der Stuttgarter Markuskirche beschäftigt, wo ebenfalls das Himmlische Jerusalem Thema war. In Hausen kam eine eher traditionelle, bewährte Darstellungsform zum Zuge, in der Art der Ausführung aber keineswegs zweitrangig oder nachlässig. Überhaupt: Kohler bzw. sein Glaser Emil Gaisser (Stuttgart) verwendeten bei kleinen Kirchen die gleiche Sorgfalt und Detailtreue wie bei Großaufträgen, obwohl eine kleine Landgemeinde wie Hausen in keinster Weise mit den finanziellen Möglichkeiten, etwa der Tübinger Stiftskirche oder der Stuttgarter Hospitalkirche, konkurrieren konnte. Zuschüsse der Landeskirche glichen nur einen Teil aus. Vielleicht war das auch der Grund, warum man in Hausen davon absah oder absehen musste, die Fensteröffnung anlässlich der Neuverglasung etwas zu vergrößern. Die Beleuchtung wurde damals als zu dunkel empfunden, was erklären mag, dass Kohler hier einen hohen Anteil weißer Scheiben einsetzte.
Im oberen abschließenden Segmentbogen wurden die zwölf Tore untergebracht. Wie fast immer sind die Tore bei Kohler eng aneinander gefügt, eine Mauer gibt es nicht. Die Tore sind kantige, archaisch wirkende Blöcke, die irgendwie an Stonehenge erinnern. Die Rahmung ist goldgelb, die Füllung ein Blau, wie Kohler diesen Gegenstand bevorzugt darstellte (Auingen, Pfedelbach, Kleinglattbach etc.). Auf den Blöcken findet man winzige Fenster, Schraffuren, Andeutung von Mauerwerk – hier wurden zahlreiche Details mühevoll eingearbeitet, so dass kein Tor einem anderen gleicht.
Darunter hat Kohler den Gekreuzigten eingefügt, umgeben von zahlreichen Engeln. Es wirkt, als würden die Engel das hölzerne Kreuz in der Schwebe halten und Christus indirekt stützen. Sie alle haben die für Kohler markanten spitzen Flügel, wenngleich auch weniger expressiv wie in der bereits erwähnten Markuskirche. Der Künstler hat die Flügel mit weißen Punkten versehen. Schon zuvor, in Affalterbach bei der dortigen Christusfigur, hat er mit dieser eigenartigen Sprenkelei experimentiert. Im Ergebnis sieht es so aus, als würde dichter Schnee vor den Engel wehen.
Eugen Maurer: Baugeschichtliche Entdeckungen beim Abbruch und Neubau der evangelischen Kirche in Hausen an der Zaber, in: Jahrbuch für schwäbisch-fränkische Geschichte, 27, 1973, S. 141-160.
Otfried Kies: Hausen an der Zaber – Geschichte der Georgskirche und ihrer Gemeinde bis zur Gegenwart, Hausen an der Zaber 2011.
Christa Birkenmaier (Hrsg.): Wolf-Dieter Kohler, 1928-1985. Leben und Werk, Petersberg 2021.