Heinz Lilienthal (1927-2006): Evangelische Auferstehungskirche von Weddinghofen und die Anstaltskirche „Zum Guten Hirten“ in Celle (1977)

Im Jahr 1977 wurde die evangelische Auferstehungskirche zusammen mit dem Gemeindehaus in Weddinghofen erbaut, einem Ortsteil von Bergkamen im nördlichen Ruhrgebiet. Der Name der Kirche soll dazu angeregt haben, den Ort der Auferstehung, das Himmlische Jerusalem, im Kircheninneren bildlich zu thematisieren. Anders als bei katholischen Bauten, wo der Ambo oder der Tabernakel dieses Motiv zeigen können, bleiben bei evangelischen Kirchenbauten eigentlich nur die Buntglasfenster oder Paramente als Bildträger übrig. In Weddinghofen entschloss man sich, das den Chor abschließende Rundbogenfenster von Heinz Lilienthal (1927-2006) aus Bremen gestalten zu lassen, hier einmal in Betonglas. Ähnlich wie später in Melle brachte er im Altarbereich das Neue Jerusalem zur Darstellung, während Lilienthal bei den Seitenfenstern auf eine abstrakte Komposition setzte.

Die Gestaltung der Stadt in Nachfolge der Fenster von Gröpelingen (1966) und Kirchweyhe (1967) ist im Prinzip gleich geblieben. Auch in Weddinghofen sieht man Mauerschichten und Rundbogentore, die zwischen den Mauern immer wieder hellgelb und ocker aufleuchten. Anders als zuvor verzichtete Lilienthal hier jedoch auf eine Darstellung belebender Elemente, man findet also weder Christus, noch Engel oder Gerettete, mit einer für das Schaffen des Künstlers bemerkenswerten Ausnahme: Über allem thront hier das Lamm Gottes in einer Gloriole auch über dem Himmlischen Jerusalem. Dieses befindet sich unter einem Kegel. Lilienthal bietet hier eine interessante Fortentwicklung seiner Arbeit in Kirchweyhe, die genau zehn Jahre zurückliegt, wozu er vor allem durch die vorgegebene Form angeregt wurde. Durch den Beton wird eine etwas andere Erscheinungsweise hervorgerufen als bei den Fenstern zuvor, die Darstellung wirkt, je nach Lichteinfall, klarer, griffiger, mitunter kantiger, was durch das matte Weiß der Verputzung etwas abgemildert wird.

Wilhelm Hellkötter: Bergkamen-Weddinghofen. Aus vergangenen Tagen, Bergkamen 1981.
Förderverein Martin-Luther-Haus e.V.: Das Martin-Luther-Haus in Weddinghofen. Gedanken und Erinnerungen zum 40-jährigen Bestehen, Bergkamen 2007.
Martin Litzinger. Die ‚Kuckuck‘-Gemeinde in alter und neuer Zeit. Die Geschichte der Gemeinde Weddinghofen bis zum Jahre 1966, Bergkamen (2017).

 

Es gibt eine zweite Fassung dieses Fensters. Die Anstaltskirche „Zum Guten Hirten“ in Celle (Niedersachsen) wurde im Frühjahr 1961 nach einem Entwurf der Architektengruppe Schweitzer aus Braunschweig errichtet und bereits am 1. Juni 1961 eingeweiht. In dem Bau findet sich ein großes Betonsichtfenster von Lilienthal zum Thema „Der Fischzug des Petrus“. Als dann die Kirche um einen Ruheraum (Aussegnungsraum/Totenraum) erweitert wurde, hat man erneut diesen Künstler beauftragt. Sicher wollte man die Einheitlichkeit der Anlage wahren, aber man darf auch davon ausgehen, dass man mit den älteren Arbeiten Lilienthals sehr zufrieden war. Der Einbau erfolgte in den 1970er Jahren, aber wann genau, ist noch offen – es kann zeitlich vor oder nach Weddinghofen gewesen sein. 

Technisch ist es relativ einfach, ähnlich wie beim Gutenberg-Druck. Man hat eine Vorlage, in die setzt man dann die Steine und kann die Form mehrfach ausgießen. So ist die Form gleich, die Steine sind natürlich unterschiedlich, obwohl Lilienthal sehr genau wieder die gleichen Farbtöne gewählt hat (bzw. seine Mitarbeiter, denn so etwas machte nicht der Meister persönlich). In Celle ist vor allem der untere Bereich etwas anders gestaltet, da sich hier noch ein separates rechteckiges Fenster befand. Lilienthal hat hier Bögen aus grünen, braunen und roten Steinen gesetzt. Es gibt mindestens drei Deutungen: In Kontrast zu der Stadt oben ist es die untergehende, alte Schöpfung. Oder es ist der Regenbogen als Zeichen der Versöhnung. Auch ist es möglich (und dies wäre meine Sichtweise), dass hier sich die alte Schöpfung unter dem Eindruck des Neubeginns zu einem Regenbogen wandelt.

60 Jahre Lobetal, hrsg. von Lobetalarbeit e. V. , Celle 2007.

 

tags: Heinz Lilienthal, Lamm, Betonfenster, Ruhrgebiet
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