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Heinz Lilienthal (1927-2006): Evangelische Felicianuskirche in Kirchweyhe (1967)

Eine eindrucksvolle apokalyptische Schau bieten die drei Chorfenster der evangelischen Felicianuskirche in Kirchweyhe, einem Ortsteil von Weyhe im Landkreises Diepholz, geschaffen im Jahr 1967. Zustande gekommen waren sie auf Wunsch eines Pastors, der zuvor in Gröpelingen als Vikar gearbeitet und dort die Fenster kennen und schätzen gelernt hatte.
Schon um 1250 stand in Kirchweyhe an diesem Ort eine Backsteinkirche, von der sich das Turmfundament erhalten hat. Der heutige Bau ist allerdings ein neugotisches Langhaus aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, ein im Verhältnis zu der Einwohnerschaft von Kirchweyhe gewaltiges Bauwerk, das weit mehr als eintausend Besuchern Platz bietet. Bei Bodenkämpfen Mitte April 1945 kam es zu Beschädigungen des Bauwerks, auch die historistischen Glasfenster des Chors gingen dabei verloren. Was sie einst gezeigt hatten, und ob darauf bei der Neuverglasung 1967 Rücksicht oder gar Bezug genommen wurde, wissen wir nicht. Nach 1945 gab es zunächst eine einfache Notverglasung, die erst mit den Umbauten und Renovierungen Mitte der 1960er Jahre beseitigt wurde. Die Wahl für die neuen Chorfenster fiel auf Heinz Lilienthal (1927-2006), der unweit in Bremen sein Atelier hatte. Ähnlich wie bei seiner Lösung für eine evangelische Kirche in Gröpelingen kurz zuvor ist auch hier das eigentliche Himmlische Jerusalem mit goldenen Dächern im oberen Teil des mittleren Fensters zu sehen. Dort weist eine gesichtslose Figur links auf eine Ansammlung gelbgrüner Häuser, die sich im Hintergrund nach oben ziehen. Ist es Johannes auf Patmos, ein Engel oder noch jemand ganz anderes? Es könnte auch Christus sein, darauf verweisen drei Golgathakreuze rechts unten neben der Figur. Um diese zentrale Szene finden sich weitere Figuren, die auf die Stadt in der Mitte zustreben.

Lilienthal hat diese Figuren in ein gewaltiges Oval eingebunden, welches sich über alle drei zweibahnige Fenster des Chors zieht, diese verbindet und eine Einheit darstellt. Dieses Oval ist, anders als die zuvor beschriebenen Details, aus weiter Entfernung sogleich beim Betreten der Kirche zu erkennen. Es ist die blaugrüne, mit Edelsteinen besetzte Mauer der Stadt, von der goldenes Licht nach außen in die Welt strahlt. Lilienthal hat gerade die Mauer kleinteilig als Glasmosaik eingearbeitet, man glaubt, jeden Mauerstein zu sehen, nicht jedoch Tore oder Durchbrüche: Diese Mauer steht fest und undurchlässig.

Heinz Lilienthal, Bremen 1967.
Werner Kloos: Heinz Lilienthal. Werdegang und Werk. Gestaltung in Glas, Stein und Metall, Bremen 1985.
Lothar Rindfleisch, Elfriede Rindfleisch: 150 Jahre Kirche zu Kirchweyhe, 1837-1987, Kirchweyhe 1987.

tags: Heinz Lilienthal, Bundesland Bremen, Kreis, Golgatha
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