Auf diesem Weltgericht, angefertig von ca. 1525 bis 1529 (Gesamtgröße 68 x 61 Zentimeter), ist das Himmlische Jerusalem deutlich als Tor an der linken Seite positioniert. Von ihm ist allerdings nur die rechte Hälfte zu sehen. Auch für Petrus ist hier kein Platz mehr vorhanden, und aus der Schar der Geretteten ist nur ein Grüppchen von versprengten Nackten übrig geblieben. Bemerkenswert sind die lange Mauer im Hintergrund und der gläserne Aufbau im Paradiesgarten, offensichtlich eine Fontäne, bei der nach vier Seiten Wasser strömt – ein Verweis auf die vier Quellen des Lebensflusses. Die Bauten im Renaissancestil sind mit Ornamenten überzogen, überall finden sich Filialen, Türmchen, Schnörkel etc., ganz ähnlich wie auch in Arbeiten von Hieronymus Bosch, einem Zeitgenossen von Jan Provoost (1465-1529), der dieses Weltgericht in den Niederlanden angefertigt hat. Dort hatte der Meister wenige Jahre zuvor ein anderes Weltgericht angefertigt (heute Detroit Museum of Art), welches im Aufbau ähnlich ist und als Vorgänger gesehen werden muss. Sogar die Fahne mit dem Georgskreuz ist auch hier wieder zu finden, wenngleich winzig klein hinter dem Pfeiler der Pforte. Das spätere Ölgemälde ist seit 1912 Teil der Sammlung der Hamburger Kunsthalle (Inventarnummer 323), wo es zur Dauerausstellung gehört.
Max J. Friedländer: Joos van Cleve, Jan Provost, Joachim Patenier, Berlin 1931.
Simone Speth-Holterhoff: Trois panneaux de Jean Provost, in: Bulletin des Musées Royaux des Beaux-Arts de Belgique, 14, 1965, S. 15-26.
Molly Faries: The underdrawing of Jan Provoost’s Last Judgment and related paintings, in: Dominique Hollanders-Favart (Hrsg.): Le dessin sous-jacent dans la peinture, 1989, S. 137-144.
Ron Spronk: An early Sixteenth Century Last Judgment by Jan Provoost, in: Hélène Verougstraete (Hrsg.): Le dessin sous-jacent et la technologie dans la peinture. Colloque XI, 1995, Louvain-la-Neuve 1997, S. 43-51.
Maximiliaan P. J. Martens (Hrsg.): Brugge en de Renaissance. Van Memling tot Pourbus, Ludion 1998.