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Andreas Untersberger (1874-1944): Vignette (1918)

1918 entwarf Andreas Untersberger (1874-1944) in seinem Münchner Atelier eine einfarbige Vignette, im Auftrag für die Zeitschrift „Stadt Gottes“, für die er regelmäßig Zeichnungen erstellte. Die neue Vignette (links unten signiert) wurde dann erstmals zum Oktober im ersten Heft des neuen 43. Jahrgangs 1919 auf Seite 3 veröffentlicht.

Es ist eine etwas süßlich geratene Illustration mit zwei Putti, von der einer Blumen zu einem Strauß bindet, der andere in ein frommes Buch vertieft ist, vermutlich in eine Ausgabe der Zeitschrift „Stadt Gottes“. Zwischen beide ist die Gottesstadt gesetzt, als mittelalterliche Anlage, mit einem offenen Tor, zu dem ein gerader direkt Pfad führt. Es ist kaum zu ahnen, dass diese friedliche Zeichnung in einer Zeit geschaffen wurde, die von Hunger, Krieg, Krankheit und Tot geprägt war; vielleicht musste man mit diesen Zeichnungen dem entgegenwirken.
Untersberger stammte aus einer alten oberösterreichischen Künstlerfamilie, die seit Generationen Altäre und andere religiöse und liturgische Gegenstände herstellte. Von seinen älteren Brüdern trat auch Josef August Untersberger (1864-1933) als Künstler hervor, der in den 1920er Jahren als Bildhauer und Maler unter dem Pseudonym „Giovanni“ arbeitete. Dessen Produkte waren noch kitschiger und süßlicher, so dass sich Andreas Untersberger sogar genötigt sah, zur Unterscheidung seiner, wie er einmal schrieb „wahren und wahrhaftigen Gotteskunst“ ebenfalls zu einem Pseudonym zu greifen, „A. Jünger“, um anzudeuten, dass hier der jüngere Bruder tätig war.
Andreas Untersberger studierte, als einziger von acht Brüdern, von 1895 bis 1899 an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien, was in ihm die Ansicht reifen ließ, er sei ein besonders talentierter Sakralkünstler, ein Genie. In Wien musste er mit dem Jugendstil in Berührung gekommen sein, dessen sakraler Vertreter er wurde. 1905 übersiedelte er nach München, ebenfalls eine Hochburg des Jugendstils (Richard Riemerschmid, Hermann Obrist, Margarethe von Brauchitsch). In den nächsten zwei Jahrzehnten machte er sich einen (guten) Namen als Illustrator von Kinderbüchern, über vierhundert Heiligenbildchen und Buchschmuckelementen wie Einbände, Zierleisten, Vignetten, meist für den Verlag Ars Sacra. Diese Aufgaben nahm er überaus ernst, er verstand sich auch hier als Reformkünstler in höherem Auftrag.

Ambros Zürcher: Gottesdienst und Gottesmenschen. Lehr- und Andachtsbücher für die Jugend und das katholische Volk zur Einführung in das Verständnis der katholischen Liturgie und in das katholische Leben, Einsiedeln 1926.
Constanze Lindner Haigis: Der Maler und Illustrator Andreas Untersberger (1874-1944), in: Christa Pieske, Konrad Vanja, Sigrid Nagy (Hrsg.): Arbeitskreis Bild Druck Papier, Tagungsband Bassano 2001, Münster 2003, S. 45-60.

 

tags: Illustration, Zeitschrift, Reformkunst, Jugendstil, Vignette
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