Paul Nagel (1925-2016): Deckenmalerei der Edith-Stein-Kapelle in Bensheim (1987)

1980 brannte es im Bensheimer Priesterseminar. Die Erzdiözese Köln ergriff die Gelegenheit, die Räumlichkeiten nicht mehr als Seminar wiederherzustellen, sondern zu eine Tagungszentrum und Hotel umzubauen. Neben einer kleinen Hauskapelle errichtete man die neue Edith-Stein-Kapelle im Zentrum der vierflügeligen völlig neu durch die Architekten Hans Peter Greyer und Manfred König. Von Beginn an stand fest, dass der Bildhauer Paul Nagel (1925-2016) aus Wesseling die Innengestaltung übernehmen sollte, mit der er von 1987 bis 1993 beschäftigt war. Neben einem Triptychon mit Stationen aus dem Leben der Namensgeberin, der Heiligen Edith Stein, ist die Deckenausmalung das zentrale Kunstwerk der Kapelle. Der achteckige Grundriss des Baus spiegelt sich in den acht Segmenten der Decke wider.

Dort öffnet sich der apokalyptische Himmel mit dramatischen Szenen: Christus durchbohrt Satan und zieht den noch gefesselten Adam zu sich, auf einem Segment sind die sieben Leuchter versammelt, auf einem anderen das Himmlische Jerusalem. Einzigartig in der fast zweitausendjährigen Ikonographie dieses Themas ist der Einfall, den Buchstaben Alpha wie einen gewaltigen, goldenen Lichtbogen über die Stadt zu führen. Dieser umschließt das Opferlamm auf dem Altar oder Thron, was von den Toren der Stadt in ovaler Form umzogen ist und dem Ganzen einen intimen, schützenden Charakter verleiht. Vier bockartige Tore stehen im Vordergrund, sie alle sind offen. Diese Elemente sind von Nagel ausschließlich in unterschiedlichen Rottönen gearbeitet. Goldene Schriftbänder mit Texten aus dem Buch Jesus Sirach führen konzentrisch zur Mitte, wo ein plastisch gebildeter Blätterkranz die Märtyrerkrone versinnbildlicht und eine Beziehung herstellt zu Edith Stein als Märtyrerin einerseits wie zum Himmlischen Jerusalem als dem Ort aller Märtyrer andererseits. Aussage dieser Konzeption: „Der Himmel ist die Vollendung und Überbietung der irdischen Vergänglichkeit“, oder in Worten Nagels „Edith Steins Leben erfährt hier seinen letzten Sinn, Verzweiflung und Tod dreht sich zu Hoffnung und Leben, das Martyrium führt zu Christus zurück, der alte Adam wird abgestreift und bringt ihn in seine ursprüngliche Bestimmung“ (1995).

Tobias Nagel (Hrsg.): Ornatus Ecclesiae. Paul Nagel, Werke 1949-2005, Rahden 2005.
Gottfried Weber: Die Edith Stein Kapelle im Kardinal Schulte Haus Bensberg, (Köln), um 2010.
Markus Juraschek-Eckstein: Kardinal-Schulte-Haus und Skulpturenpark in Bensberg, Köln 2020.

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tags: Tagungszentrum, Edith Stein, Martyrium, Kapelle, Omega
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