Mitte der 1960er Jahre erhielt der Künstler Erhart Mitzlaff (1916-1991) den Auftrag für Glasfenster für die Bremer Kirche St. Stephani. Das gesamte altstädtische Stephaniviertel der Hansestadt Bremen ging im Zweiten Weltkrieg verloren, allein die Kirchenruinen wurden wieder aufgebaut, zunächst mit einer einfachen Notverglasung ausgestattet. In den 1960er Jahren hatten sich die Bedingungen geändert, in ganz Nachkriegsdeutschland entstanden für alte wie für neu errichtete Kirchen moderne Buntglasfenster. Es war das goldene Jahrzehnt der Glasmalerei – nie zuvor und wohl nie wieder danach entstanden so viele Fenster mit christlichen Themen.
Mitzlaff war in Bremen präsent, er hatte vor dem Auftrag bereits an fünf Ausstellungen der Stadt teilgenommen. Auch am Bremer Kirchenbau war er beteiligt, zusammen dem Architekten Carsten Schröck. Seinen Wohnsitz nahm Mitzlaff in Fischerhude direkt an der Stadtgrenze zu Bremen, beruflich war er für den Bremer Kunstverlag Schünemann tätig – die Voraussetzungen, für den Auftrag ausgewählt zu werden, waren gut.
Aus etwa 10.000 farbigen Glasstücken besteht im Chorbereich das insgesamt sechsteilige Fenstermosaik der Altarwand, das im Jahr 1967 unter dem Gesamtthema „Alte und Neue Welt“ abgeschlossen werden konnte in einer Formensprache, die der zeichnerischen Herkunft des Künstlers entspricht. Das mittlere Fenster zeigt im oberen Bereich ein expressives Himmlisches Jerusalem in rein abstrakter Formensprache, die Struktur allein durch Farbkreise entstehen lässt, von außen nach innen: gelb/orange, blau/türkis und in der Mitte weiß (was zuvor, bei einem anderen Fenster zum Himmlischen Jerusalem in der Dortmunder Heliandkirche noch das Lamm war). Vorbild waren kristalline Strukturen, wie sie auch bei den Edelsteinen des Fundaments der heiligen Stadt eine Rolle spielen. Die ehemalige evangelische Kirche St. Stephani wurde 2007 zu einer modernen Kulturkirche umgewandelt, das Glasfenster, dem schon der Ausbau drohte, konnte dadurch erhalten werden. Vom 11. September 2016 bis zum 22. Januar 2017 fand hier, unter dem Fenster des Künstlers, eine große Retrospektive zu seinem Werk statt.
Heinrich Albertz: 850 Jahre St. Stephani-Gemeinde, Bremen 1990.
Hans-Christoph Hoffmann: Bremen, Köln 1991.
Patricia Lambertus: Apokalypse. Kulturkirche St. Stephani Bremen, Bremen (2016).
Andrea Hauser: Kulturkirche St. Stephani – ein kulturelles und spirituelles Zentrum in Bremen: Wort – Kultur – Kunst – Musik – Geschichte, Bremen (2022).
Dietmut Meyer, Rolf Sänger-Diestelmeier, Frank Laukötter: Erhart Mitzlaff – Künstler, Christ und Pazifist, Bremen 2016.
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