Günther Danco (1912-2000): Okulifenster aus der Gottesackerkirche in Niederlamitz (1962)
Kürzlich wurde eine weitere Arbeit von Günther Danco (1912-2000) bekannt – einem unkonventionellen Maler, dessen Spuren ich schon seit geraumer Zeit mit Interesse verfolge, da ich Danco für einen innovativen und vor allem eigenständigen Nachkriegskünstler halte. In Niederlamitz im Fichtelgebirge wurde er mit einem Okulifenster im Altarbereich beauftragt. Die dortige Kirche am Friedhof, die daher den Namen „Gottesackerkirche“ bekam, war 1895 fertig gestellt worden; 1962 kam es zu einer umfangreichen Renovierung unter dem Architekten Horst Rudolf aus Hof/Saale. Die neuromanische Innenausstattung wurde komplett entfernt, nur wenige Kunstwerke sollten zukünftig den Sakralraum ausschmücken. Neben Altar und Kanzel sind dies vor allem zwei Arbeiten von Danco: das Kruzifix als Mosaik-Keramik und das Glasfenster mit dem Titel „Das neue Jerusalem“.
Danco führte zu dieser Zeit ein Atelier in München, wo diese Arbeit entworfen und als Bleikristallfenster hergestellt wurde. Das war unmittelbar vor seinem Auftrag für die Johanniskirche in Feuchtwangen, wo er eine ganz ähnliche Lösung wählte.
In Niederlamitz war die Dunkelheit der Kirche ein Problem. Bei dem Umbau hatte man davon abgesehen, das Altarfenster zu vergrößern, doch Danko erhielt die Anweisung, vorwiegend helle Glasfarben zu verwenden. Von allen seinen Jerusalem-Darstellungen ist es die expressivste mit Bezügen zur Neuen Sachlichkeit und, für das Schaffen Dancos, Zügen ins Abstrakte. So sind die Tore und Türme lediglich Rechtecke; auf Türgriffe, Laibungen, Schattenwürfe, Zinnen oder Engelsfiguren wurde verzichtet. Das Lamm hat weder Augen noch Maul, Gesichtslosigkeit war eine damalige Modeerscheinung. Auch der Zionsberg ist lediglich durch einige gelbe Scheiben markiert, die zwei Bäume ähneln Blättern. Der Lebensfluss ist zweigeteilt, was selten zu finden ist, denn entweder ist es ein Wasserstrom oder der Fluss ist viergeteilt, in Anlehnung an die vier Paradiesflüsse. Der Gesamteindruck ist hell, freundlich und ausgewogen, es ist die Arbeit eines gereiften Meisters, der schon seit Jahren zu diesem Motiv arbeitete. In Folge der radikalen Beseitigung vieler anderer Kunstwerke (und auch der Vernichtung des Vorgängerfensters, dessen Motive wir nicht kennen) ist diese Arbeit heute das zentrale Kunstwerk der Gottesackerkirche, welches der Gemeinde bei allen Veranstaltungen vor Augen steht. Vielleicht war die Tatsache, dass es sich um eine Friedhofskirche handelt, damals der Anlass, ein zur christliche Auferstehungshoffnung passendes Motiv zu wählen.
Peter Seißer (Hrsg.): „So ist doch gewiss, dass Gott seine Kirche erhalten will und erhalten wird“. 450 Jahre Dekanate Wunsiedel und Kirchenlamitz-Selb, 1558-2008, Wunsiedel 2008.
Werner: Bergmann. Kirchen in Kirchenlamitz, Kirchenlamitz 2020.
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