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Sieger Köder (1925-2015): Altarmalerei in Rosenberg, Gemälde aus Kloster Neresheim und Altarmalerei in Bad Urach (1986 bis 2015)

Sieger Köder (1925-2015) hat das Himmlische Jerusalem auch für mehrere Altäre gemalt. Eine erste Fassung befindet sich in der römisch-katholische Kirchengemeinde Rosenberg, fertiggestellt 1986. Die dortige Pfarrkirche Mater Dolorosa wurde seit 1975 für zwanzig Jahre von Priester Sieger Köder betreut. In dieser Zeit arbeitete er immer wieder an einem Flügelaltar, zu dem es verschiedene Fassungen gibt. 1986 kam es dann zu einer umfangreichen Renovierung der Kirche. Dabei wurde nun auch der wenige Monate zuvor fertiggestellte Flügelaltar aufgestellt, der dann 1987 durch Bischof Georg Moser (1923-1988) eingeweiht wurde.
Der Rosenberger Flügelaltar hat seine äußere Form vom alten Altarbild übernommen, welches sich jetzt in der Kirche an anderer Stelle befindet. Der Flügelaltar hat zwei Seiten, die geöffnet bzw. geschlossen werden können. Im geöffneten Zustand hat der Altar drei Teile, wobei Jerusalem auf der Seite außen rechts zu sehen ist. Geöffnet ist dieser Teil über das Kirchenjahr zu sehen, außer in der Advents- und Fastenzeit sowie in der Patroziniumswoche im September. Da jeder Mensch für sich alleine stirbt, hat Köder einen einzelnen Menschen in den Mittelpunkt gesetzt. Er sitzt am Rand seines Grabes in einem zerschlissenen Bettlerkleid mit farbigen Stofffetzen wie bei einem Narrenkostüm. Bei genauem Hinsehen entdeckt man, dass das Bettlerkleid nicht ausgezogen wird, sondern langsam verschwindet; in der Stunde des Todes bzw. der Auferstehung machen Kleider keine Leute mehr. Ebenso wird die Maske, von denen der Mensch im Leben manche getragen hat, abgenommen. Der Mensch sitzt vor einer Friedhofsmauer, die auch an die Mauer des Neuen Jerusalem erinnert. Durch einen Riss erscheint bereits das Licht der Auferstehung. Wie eine große, rote Rose spannt sich der Himmel darüber. In der Mitte der Rose sieht man die Stadt mit ihren zwölf Toren. Sie ist als Braut, die für ihren Bräutigam (Christus) geschmückt ist, dargestellt. Der Altarflügel mit dem Himmlischen Jerusalem wurde auch nach der Aufstellung über zwanzig Jahre von Köder immer wieder umgestaltet, verändert, ergänzt. 2011 wurde dieser Flügel für den Monat „November“ in einen Postkarten-Kalender aufgenommen, zu dem der Jesuitenpater Theo Schmidkonz einen begleitenden Text verfasst hat.

Vergleich der Fassung um 2000 mit der endgültigen Gestaltung seit 2015. Darauf kann man sehen, dass Köder sich zuletzt entschlossen hat, die Tore der Stadt als rote Blöcke einzufügen. Der Strahl auf das Gesicht des Erlösten wurde in der letzten Fassung weggelassen, dafür kommt die Maske deutlicher zum Vorschein.

 

Inspiriert vom Rosenberger Altar entstand im Jahr 2000 das Ölgemälde „Das irdische und das himmlische Jerusalem“, 120 x 80 Zentimeter groß (parallel dazu schuf Köder eine ähnliche Fassung, allerdings noch ohne Himmlisches Jerusalem; abgebildet in: Träume von morgen, Stuttgart 2000, S. 43). Der Blick fällt vom Ölberg hinüber nach Jerusalem, wie viele Pilger es gesehen haben. Im Vordergrund befindet sich der jüdische Friedhof, jenseits des Kidron-Tals die muslimischen Gräber. Rechts ist das David-Tor zu sehen, in der Mitte hinter der Mauer die Kuppel der Heilig-Grab-Kirche, links die El-Aksa-Moschee. Auch der Felsendom ist dort zu finden. Wüsste man nicht um den Kontext, könnte man ihn für ein Spiegelei halten. Köder betrachtete solche Beobachtungen nicht als Kritik, sondern war selbst für seinen gesunden Humor bekannt.


Über dieser Stadt ist, laut mündlicher Rücksprache mit Köder, ein anderes Bild, der Traum vom anderen Jerusalem, gesetzt. Im Zentrum befindet sich das göttliche Licht, der Lebensbaum und das Lebenswasser. Diese Elemente sind wie ein Ring von den zwölf Toren der Stadt umschlossen.
Köder hat in seinem Leben drei Mal das Benediktinerkloster Neresheim besucht. Von dort aus gab es Gegenbesuche zur Pfarre Rosenberg und man bekundete Interesse an einem Kunstwerk. Die Initiative ging damals aus von Pater Norbert Stoffels, der sich als Abt besonders für Architektur und Kunst interessierte. Da der Maler ein Interesse hatte, dass seine Werke möglichst allen zugänglich sind, hat er das Gemälde schließlich dem Abt des Klosters von Neresheim geschenkt, wo es seinen heutigen Platz in privaten Gemeinschaftsräumen hat. Zwar wurde das Werk 2011 einmal in einen Kalender aufgenommen (Monat November), ist aber bislang kaum bekannt. Vor meinem Besuch (2024) hat es in den Jahren zuvor nur ein Wissenschaftler aus Nürnberg einmal aufgesucht.

 

Die grundsätzliche Rosenberger Darstellungsweise – rote Stadt, Braut/Bräutigam, blockartige Tore – wurde von Köder noch mehrfach zur Darstellung gebracht, letztlich auch in seiner Köder-Bibel, die natürlich viel mehr Menschen erreichte als die Gemälde. Weniger bekannt ist der Uracher Altar in der Kirche St. Josef, der 2005 fertiggestellt wurde. Hier befindet sich das Neue Jerusalem im Mittelflügel eines Triptychons direkt hinter dem Altar. Es ist nicht der einzelne Mensch, der zur Himmelsstadt in Beziehung gesetzt ist, sondern die Menschheit als Pilgergemeinde. Links, mit einer Schriftrolle, befindet sich der Prophet Jesaja, rechts der Seher Johannes. Der Musiker mit der Trompete ist übrigens Louis Armstrong, der hier seinen Song „When the saints go marchin’in“ spielt. Köder liebte solche Einfälle, die neben anderem seine Popularität mit erklären.

Ich kann nicht abseits stehen, weil es abseits kein Glück gibt, (Aalen) 2005.
Katholische Kirchengemeinde Rosenberg: Die Pfarrkirche Mater Dolorosa in Rosenberg, Ellwangen 2008.
St. Josef-Gemeinde Urach (Hrsg.): Die Menschheit auf der Pilgerschaft zum Berg Zion, o.O., um 2009.

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