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Heinz Giebeler (1927-2004): Antependien aus Metzingen (um 1992 und 1995)

Im Jahr 1979 zog der Grafiker Heinz Giebeler nach Metzingen, wo er sich viele Jahre im Kirchengemeinderat und im Arbeitskreis der evangelischen Familienbildungsarbeit einbrachte. Auch war bald sein künstlerisches Können gefragt und Giebler gestaltete ein Parament – wie war es dazu gekommen?
Die evangelische Gemeinde besaß bereits mehrere 1975 angefertigte Paramente, nach Entwurf von Helmuth Uhrig und Ausführung von Marie-Luise Frey-Jansen. Uhrig verstarb 1979, in den 1980er Jahren wurden seine Werke nicht mehr zeitgemäß empfunden. In der Gemeinde entstand der Wunsch nach einem neuen, „modernen“ Parament, welches das Motiv der Stadt deutlicher und feierlicher als in der zurückhaltenden Art und Weise von Uhrig darstellen sollte. Da man ja nun einen akademisch ausgebildeten und international anerkannten Künstler in den eigenen Reihen hatte, beauftragte die Gemeinde Giebeler mit einem zweiten Parament zu diesem Thema. Es ist eine Seltenheit, das eine Gemeinde zwei Mal dieses Motiv anfertigen ließ – die Metzinger Friedenskirche ist weltweit die einzige Kirche, die heute zwei Paramente mit unterschiedlichen Sichtweisen des Neuen Jerusalem besitzt, ein rotes und ein weißes Parament.

Giebelers weißes Parament spricht in klaren Formen zu uns. Auch ein in der Sakralkunst wenig bewanderter Kirchenbesucher kann ohne Vorwissen erahnen, dass hier eine besondere, heilige Stadt präsentiert wird. Andere Einzelheiten erklären sich nur mit Vorwissen: So beziehen sich die sieben Sterne auf Johannesoffenbarung Kap. 1, Vers 11. Die Sterne korrespondieren mit den wellenförmigen Strahlen im unteren Bereich, wobei es sich vermutlich um göttliches Licht handelt. Auch die zwölf Tore wurden nicht vergessen. Giebeler hat sie als einfache Rundbögen mit Goldfäden eingefügt, immer im unteren Bereich von blockartigen Bauten. Dabei ist kein einziges Tor vollständig zu sehen, denn entweder verdecken die niedrigen Stadtmauern vorne oder die benachbarten Türme Teile der Tore. Trotz dieser Bewegungen ist der Gesamteindruck ausgewogen und harmonisch – für hohe Festtage, an denen das weiße Parament ausgebreitet wird, durchaus angemessen.
Auf eine technische Raffinesse sei hingewiesen, die ich von keinem anderen Parament her kenne: Bei jedem Antependium stellt sich die Frage: Wie weit hängt der Küster den Stoff über den steinernen Altar, so dass die Motive optimal zur Geltung kommen? Giebeler hat hier eine kleine Hilfe eingebaut. Etwa zehn Zentimeter über den Sternen zieht sich ein einzelner goldener Faden von links nach rechts, der nur aus unmittelbarer Nähe zu sehen ist. Dieser sollte direkt an der Kante des Altars aufgelegt sein. Damit ist auch erwiesen, dass dieses Kunstwerk speziell für die Maße des Altars der Friedenskirche erarbeitet wurde.

Das Parament kam in der Friedenskirche überaus gut an, so dass bald der Wunsch in der benachbarten Martinskirche in der Innenstadt von Metzigen nach einem ähnlichen Kunstwerk aufkam. Diesmal war ein rotes Parament gewünscht.

Giebeler hielt sich bei seinem zweiten Werk eng an die Erstfassung, es gibt jedoch (über die Farbe hinaus) weitere minimale Änderungen: Die sieben Sterne sind jetzt in einer Reihe über die Stadt gesetzt (nicht in zwei Reihen). In der unteren Spitze des Dreiecks hat Giebeler jetzt zwei Tore mit zwei vollständig zu sehenden Eingängen eingefügt. Im Inneren der Stadt finden sich fünf Türme mit Zinnen (nicht vier). Vor allem stehen die Bauten jetzt direkt aneinander, womit die Stadtanlage geschlossener und kompakter wirkt, womit Giebeler besonders zufrieden war.


Glücklicherweise trägt dieses Kunstwerk auf der Rückseite einen handschriftlichen Vermerk, aus dem wir mehr erfahren können. So ist das genaue Jahr der Entstehung dieses Paraments 1995. Hergestellt wurde es nach einem Entwurf Gieblers in der Paramentenwerkstatt Stuttgart. Ausgeführt wurden es von S. Raith und D.(orothea) Walter. Diese letzten Angaben dürften auch auf das weiße Parament der Friedenskirche zutreffen.

Martinskirche Metzingen, Metzingen 1996.
Martinskirche Metzingen: Wahrzeichen einer Stadt, Metzingen 2004.
Dieter Schott: 50 Jahre Friedenskirche in Metzingen, in: Spuren. Beiträge zur Metzinger Stadtgeschichte, 12, 2010, S. 60-85.
Heide Schnorr von Carolsfeld: Heinz Giebeler. Ein biografisches Bilderbuch, Metzingen 2022.

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tags: Sterne, Parament, Antependium, Württemberg
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