Der Ort Gödenroth im Hunsrück liegt nicht im Zentrum kunsthistorischer Forschung, umso mehr gibt es hier noch zu entdecken: So etwa in der evangelischen Kirche ein kaum bekanntes, frühes Glasfenster von Erhardt Klonk (1898-1984). Das junge Talent hatte damals gerade die Verglasung von St. Marien in Marburg gestalten dürfen, die überaus gut ankamen. Von Marburg hatte Pfarrer Friedrich Julius Arnold erfahren, dem die Gemeinde diese Fenster in Gödenroth verdankt. Für das schmale Chorfenster an der rechten Seite musste aber in Gödenroth eine andere Lösung gefunden werden.
Es wurde die gesamte Stadtdarstellung nach oben gesetzt. Dort befand sich jedoch ein separates Segmentbogenfenster; das Oberlicht war durch einen Träger von der Fensterbahn getrennt. Dieser Träger vernichtete nicht nur einige der roten Torbauten, sondern er durchtrennt drei der Engel, die wie geköpft aussehen. Da das Fenster nicht von einer Glasmanufaktur hergestellt wurde, sondern vom Künstler selbst entworfen und auch gegossen wurde, fragt man sich, wie so ein Fehler passieren konnte. Hätte man die Stadt nur wenige Zentimeter kleiner dargestellt oder sie nach oben verschoben, dann hätte man den Träger sogar als Trennung von oberem himmlischem zu unterem irdischen Bereich nutzen können. Damit nicht genug: Schutzverglasungen dienen vor Witterungseinflüssen und vor Vandalismus von der Außenseite, sie werden immer außen angebracht. Von dort droht Gefahr, so sind steinewerfende Gottesdienstbesucher in den Kirchen eher unbekannt. In Gödenroth hat man allerdings die Schutzverglasung den Fenstern innen vorgesetzt. Der Nachteil: Die Buntglasfenster können so nicht mehr gereinigt werden, langsam zieht sich eine Schmutzschicht über das innenliegende Glas, was man auf fotografischen Aufnahmen bereits feststellen kann. Der Vorteil: Die Farben und Strukturen können in ihrer vollen Schönheit einmal von außen bewundert werden.
Christus, der oben in der Stadt bereits als Lamm präsent ist, findet sich mit seinen Stigmata unten noch ein zweites Mal. Er ist von weiteren Motiven aus der Apokalypse umgeben, die zum Teil nicht mehr in den oberen Bereich gepasst haben. Dies ist der Lebensfluss, der zu seinen Füßen entspringt, dann der Lebensbaum und der Erkenntnisbaum, die beide mit abstrakten geometrischen Mustern gestaltet sind, wie es für die Kunst der 1960er Jahre typisch war. Gleichzeitig erinnern die Objekte an Posaunen, mit denen das Gericht eröffnet wird. Zusätzlich gehören auch Johannes auf Patmos und der Engel mit dem Maßstab, die das mittlere Bildfeld besetzen, zu diesen Motiven.
Lena Kessel (Hrsg.): Erhardt Klonk, Fladung 1963.
Gustav Schellack: Kirche im Dorf: Geschichte der Evangelischen Kirchengemeinden Gödenroth – Heyweiler – Hollnich – Roth, Gödenroth (1989).
Friederike Mauerhof: Die Kirche in Gödenroth, in: Turmspitzen. Gemeindebrief der Evangelischen Kirchengemeinde Zehn Türme, 4, 2019, S. 25-26.
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