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Friedrich Hechelmann: „Das neue Jerusalem“ (1996/97 und 2006)

Von 1996 bis 1997 arbeitete Friedrich Hechelmann (geb. 1948) an einer Ölmalerei für die Ebersbacher Kirche (Allgäu) zum Thema: „Das neue Jerusalem“. Die einst prächtige Stadt Jerusalem, in der für gläubige Gott im Tempel gegenwärtig war, ist jetzt ein Symbol für die erlöste Welt. Das Licht, das ins Unendliche gehenden Ausmaß der Stadt, die Kristalle und Edelsteine, die Farbe Blau als Symbol des Himmels, sowie die paradiesische Landschaft, die etwas an das Voralpengebiet erinnert, sollen Ausdruck dieses grenzenlosen Glücks sein. 1997 weihte Bischofsvikar Eugen Kleindienst dieses Gemälde, das im Hochaltar an der linken Wandseite seinen Platz gefunden hat. In der Kirche mit barocken wie neobarocken Kunstwerken passt es sich überraschend harmonisch in den historischen Bestand ein.

Mit der Aufnahme in den Altarbereich hat die Gemeinde Mut bewiesen. Die Werke Hechelmanns sind Ausdruck einer überkonfessionellen-esoterischen Strömung, auch futuristische wie surrealistische Anklänge lassen sich finden. Diese Arbeiten sind in der säkularen Welt äußerst beliebt und geben Menschen vermehrt Halt und Orientierung. Hier nutzt die Kirche einmal diese Strömung und integriert sie in einen biblischen Kontext. Ich persönlich halte die Malerei für eine der besten modernen Jerusalem-Interpretationen der aktuellen Sakralkunst. Die Arbeit ist vor allem auch wichtig als Vorstudie für eine weitere Malerei des Künstlers, die durch Aufnahme in ein Druckwerk noch wesentlich bekannter wurde.

 

Einige Jahre später steuerte der Künstler eine Weiterentwicklung seines Himmlischen Jerusalems einer Bibelausgabe bei. Dabei handelt es sich um die „Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift“ (München 2006, Abb. Zwischen den Seiten 1216 und 1217), eine Bibelausgabe von katholischer Seite. Auch hier ist der Titel „Das neue Jerusalem“. Auffällig ist zunächst die gleiche Farbwahl: eine dunkle Szenerie, blaugrüne Gegenstände und keine eigenständige Lichtquelle im Bild. Während bei der älteren Arbeit die Bauten der Stadt von rechts oben nach unten fließen, sind sie nun auf die andere Seite gerückt und ziehen sich von links oben nach rechts unten. Man findet eine Vielzahl ähnlicher Tempel in antiker Formensprache: einen Portikus mit sechs ionischen Säulen, ein Pantheon mit flacher Kuppel, dazwischen auf beiden Bildern immer wieder steil abfallende, unbewachsene Felsen, die an Patmos erinnern. Ganz im Hintergrund, kaum zu erkennen, zieht sich eine zweite Stadt nach unten, über der sich ein mächtiges Gebirge erhebt, bekrönt von einer Gloriole. Eine Änderung bei der 2006er-Ausgabe fällt ins Auge: den antiken Bauten ist ein Fels gegenüber gesetzt, auf dem sich ein umfangreicher Pagodenbau ausbreitet. Dafür ist die obere Lichterscheinung und die untere Eiswüste der 1997er-Ausgabe weggelassen, wodurch die Bauten näher an den Betrachter heranrücken.

Gisela Linder: Friedrich Hechelmann. Lebenselement Wasser, in: Im Oberland, 4, 2, 1993, S. 45-50.
Kunst ohne Emotionen ist langweilig: Der Maler, Illustrator und Filmemacher Friedrich Hechelmann, in: Brigitte Mauderer: Sieben aus Schwaben, Memmingen 2005, S. 5-25.
Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, München 2006.

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tags: Allgäu, Oberbayern, Esoterik
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