Heidemarie Scheuer (später Leder): Jerusalems-Fenster aus Maria Königin in Sinspelt (1993)
Sinspelt ist ein kleiner Ort mitten in der Eifel, neben einer Schnapsbrennerei ist das bedeutendste Gebäude die römisch-katholische Kapelle Maria Königin. Erbaut wurde sie als Filialkirche von Mettendorf im Jahr 1959. In den 1980er Jahren wurde dieses Fenster eingebaut, doch schon bald wusste niemand mehr, wer es eigentlich angefertigt hat. Weder ein Besuch vor Ort, archivalische Nachforschungen noch Kontakte zu (wenigen noch vorhandenen) Gemeindemitgliedern haben zunächst Licht ins Dunkel gebracht. Eigentlich müssten schon aus Fragen der Gewährleistung und des Versicherungsschutzes Unterlagen zum Einbau aufbewahrt werden. Nachdem dieser Text online gestellt war, meldete sich ein ehemaliges Mitglied des Verwaltungsrats und konnte sich noch an die Künstlerin erinnern: Heidemarie (Heidi) Scheuer aus Trier. Anlass war eine Kernsanierung von 1992 bis 1993 mit einer Aufstockung der Kapelle. Damals gab es im Bistum im Referat „Bauen, Sanierung“ einen Herrn Scheuer, zu dem der Pastor der Pfarrei Mettendorf, Franz-Werner Schaaf, einen guten Draht hatte, da beide kirchliche Kunst nicht nur wertschätzten, sondern sich aktiv dafür einsetzten. Seine Tochter, die Anfang der 1990ger Jahre ihre Selbstständigkeit als Glasmalerin begonnen hatte, legte hier eine ihrer ersten Arbeiten vor. Damals wurden von Scheuer zwei Fenster an den Giebelwänden gestaltet. Es handelt sich um eine Bleiverglasung aus hochwertigem Überfangglas mit unterschiedlicher Blaufärbung. Die figürlichen Darstellungen sind nach Stufenätzungen in Schwarzlot konturiert und aufgemalt. Wenige Goldtöne sind mit Silberlot hintermalt, was einen besonderen Glanz erzeugt. Diese Malereien wurden bei 700 Grad Celsius eingebrannt, bevor sie aus der Trierer Werkstätte in die Eifel gelangten.
Das Rundfenster über der Orgel an der Rückwand, gegenüber der Altarseite, ist im professionellen Comicstil gehalten. Das sieht man bereits am Lamm, welches an dem schweren Fell wie an dem Kreuz leidet und sich kaum fortbewegen kann. Noch viel deutlicher wird der Comicstil an der Engelsgestalt, die in der Ecke über dem Lamm die Stadt mit einem Maßstab ausmisst. Die Mauern umschließen das Lamm als Quadrat, das jedoch nicht horizontal aufliegt, sondern um 90 Grad gedreht wurde. Die Tore sind an den Seiten zu Dreiergruppen zusammen gefasst und stehen offen. In den vier Ecken durchbrechen Kreise das Mauerwerk, die kompositorisch geschickt den mittigen Kreis mit dem Lamm aufnehmen. In diese wurden Blätter und Früchte gesetzt, offensichtlich Zitrusfrüchte.
Leicht zu übersehen sind helle Lichtstrahlen, die direkt über den Toren ihren Ausgang nehmen. In zwölf Strahlen leuchtet die Stadt in alle Himmelsrichtungen und verleiht dem Fenster eine Leichtigkeit, als würde die Stadt im Raum schweben, wie es ja auch Johannes der Seher in der Apokalypse beschrieben hat.
Renovierte Kirche strahlt zum Fest. Kapellenfest in Sinspelt ist am Sonntag mit Altarweihe verknüpft, in: Trierischer Volksfreund, 17.07.1993.
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