Albert Reinker (1926-2014): Wandgestaltung von St. Josef in Iserlohner Heide (2004)

In der römisch-katholischen Kirche St. Josef in Iserlohner Heide, einem Stadtteil der Stadt Iserlohn (Sauerland), wird eine skulpturale Altarwand samt dem Tabernakel an beiden Seiten von jeweils einem Glasfenster umgeben, das zusammen ein komplettes Himmlisches Jerusalem ergibt.
Die große Kirche wurde 1974 erbaut, um eine Neubausiedlung zu versorgen. Zentraler Schmuck im Altarbereich war ein rot strahlendes Kreuz von dem Bildhauer Hans Gerhard Biermann (1933-2023), umgeben von den Symbolen der vier Evangelisten – Löwe (Markus), Stier (Lukas), Adler (Johannes) und Engel (Matthäus). Von oben erschallen Posaunen, von unten recken sich Hände hilfesuchend nach oben. Mit der groben Arbeit in Beton, ohne weitere Farbe und ohne Darstellung des Wichtigsten, der Stadt Gottes, war man nie ganz glücklich. Doch erst Anfang des Jahres 2004 wurde es möglich, Dank einer Spende eine Umgestaltung vorzunehmen, die den Bestand sorgsam in eine Neugestaltung integrierte. Dazu beauftragte man Albert Reinker (1926-2014) aus Everswinkel. Ausgeführt wurden seine Entwürfe in Opal- und Opakglas von der Manufaktur Peters 2004 in Paderborn. Empfohlen hatte ihn übrigens Biermann, der ebenfalls für die Neukonzeption in Frage kam, aber 2001 in den Ruhestand gegangen war.

Die Erweiterung ist vielschichtig und etwas kompliziert: Zwölf Tore und eine Stadtmauer binden das Kunstwerk zusammen. Dabei findet man sechs Tore an der linken, und sechs an der rechten Seite. Dazwischen befindet sich die ältere Altarwand, die jetzt von den zwölf Toren umschlossen wird. Jedes der Tore ist mit kleinen Edelsteinen farblich individualisiert. Ansonsten sind die Tore in ihrer Gestalt als einfache Rundbögen mit gelber Füllung ähnlich, sie sind auf der milchigen, grüngelb gehaltenen Glaswand dezent an die Seiten gesetzt. In den Feldern der inneren Stadt erkennt man bei näherem Herantreten feine Umrisse von Bauelementen wie weitere Tore, Kuppeln, Wände etc. Vom mittleren linken Tor zieht sich der Lebensfluss durch die Felder zum mittigen rechten Tor. Im Zentrum, wo meist das Lamm Gottes zu finden ist, verbreitet er sich zu einem kleinen See.

Damit könnte die Konzeption ihren Abschluss gefunden haben. Die Beton-Altarwand ist jedoch um einen Meter nach hinten versetzt, und an der linken wie rechten Innenseite findet man ein schmales Lichtband aus sieben Fensterrechtecken. Auch hier ist Himmlisches Jerusalem, man findet zwar keine Figuren oder Tore, jedoch weitere Bebauung.

Doch auch damit ist das Thema noch nicht abgeschlossen. Verlässt man die Kirche, so sieht man zwei weitere Buntglasfenster. Diese wurden von Reinker in die bestehende, einfache Verglasung eingehängt. Man sieht jetzt noch einmal eines der Stadttore in Nahsicht, mit sehr speziellen Schmuckelementen, die keinem Stil zugerechnet werden können. Ein zweites Fenster zeigt etwas von der transparenten Stadtbebauung aus der Nähe: Unten zwei Türme, darüber einen Kuppelbau. Im Gegensatz zur Altarwand sind hier die Umrisse deutlicher gezeichnet, man erkennt Fenster und eine kleine Laterne auf der Kuppel. Diese beiden Fensterarbeiten sind als Zweisichtverglasung gearbeitet, man kann sie bereits von außen betrachten.

Durch diese zwei Fenster sind die Besucher der Kirche von Toren und Bauten der Stadt umschlossen. Das ist die eigentliche Aussage der Konzeption: das Himmlische Jerusalem ist keine rein diesseitige Angelegenheit, sondern in der Kirche wird bereits etwas davon erlebbar. Ob das wirklich stimmt, hat jeder für sich zu beantworten.

Paul Leidinger: Kunst als Lobpreis Gottes und seiner Schöpfung: zum Gedenken an den Künstler Albert Reinker (1926-2014), in: Münsterland: Jahrbuch des Kreises Warendorf, 2014, S. 298.

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tags: Albert Reinker, Sauerland, NRW, Tore, milchig, Manufaktur Peters, Ergänzung
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