Das römisch-katholische Kolleg St. Hildegard, kurz Hildegardisschule, wurde nach 1945 um einen Kirchenraum erweitert, der an Größe und Ausstattung viele Ortskirchen im Münsterland übertroffen hat. Die Schule befand sich damals noch in Trägerschaft von der Ordensgemeinschaft der Vorsehungsschwestern. 1958 waren die Fenster eingebaut, 1959 wurde der Bau mit einer Messe feierlich eröffnet. Zentraler Schmuck ist ein Farbband aus Buntglas und Glasbrocken, welches als Fries unter der Dachkante verläuft und alleinig für Beleuchtung in dem Raum sorgt, der einen ungewohnten, schwungvollen Grundriss besitzt. Der Fries zeichnet diesen Grundriss im oberen Bereich nach. Trotz der Bedeutung des Baus, der damals weit über Münster hinaus in Zeitungen und Fachjournalen besprochen wurde, und eines ausgefeilten theologischen Konzepts der Fenster ist ihr Erschaffer oder ihre Erschafferin namentliche nicht bekannt. Wie damals üblich, könnte es eine Persönlichkeit gewesen sein, die im Münsterland auch an anderer Stelle Sakralarbeiten ausgeführt hat, denn die Fenster von St. Hildegard verraten Können und Erfahrung. In Frage kämen Erentrud Trost wegen ihrer Beziehungen zu Ordensschwestern oder auch Franz Pauli wegen seiner Vorliebe für Lichtbänder. Neben Motiven wie Betende, Blumen, Bäume, Wasser oder das Lamm, die alle der Apokalypse entliehen sind, zeigt dieses Lichtband auch die zwölf Tore Jerusalems. Dabei steht jeweils ein Fenster für ein Tor der Stadt, die dann in Dreiergruppen zusammen gefasst sind. Diese Gruppen sind nicht gerade gefasst, sondern leicht geschwungen, wie eben auch das gesamte Fensterband. Links wie rechts zu beiden Seiten des Altares findet man jeweils zwei dieser Dreiergruppen.
Alle zwölf Fenster, die erst in ihrer Gesamtheit das Neue Jerusalem repräsentieren, haben einen gleichen Aufbau: Eine Handvoll Glasbrocken steht für die Edelsteine. Einer der Brocken ist stets größer als die übrigen, die eine rote, gelbe, weiße oder grüne Färbung haben. Dabei mischen sich die Farben nicht willkürlich zu einer bunten Beliebigkeit, sondern jeweils drei Tore unterliegen einem einheitlichen Farbkonzept. So zeigt beispielsweise die erste Dreiergruppe ausschließlich weiße Glasbrocken/Diamanten. Nichts ist zufällig: Der erwähnte größere Brocken ist stets in die Spitze eines Rundbogens gesetzt, der das eigentliche Stadttor markiert. Jedes Fenster hat Scheiben in gelber Tönung als Hintergrund. Im unteren Bereich findet man immer ein blaues Farbband, womit das Motiv des Lebensflusses aufgenommen ist, welches viele andere Fenster des Frieses zeigt (etwa unter dem Lamm).
Festschrift zur Einweihung des neuen Gebäudes der Hildegardisschule Münster, Westf., Neubrückenstrasse 17 – 22, 31. Oktober 1959, Münster 1959.
Ingrid Helfberend: Geschichte der Hildegardisschule Münster, Münster 1998.
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