Der Vierpass mit sechs Engeln gehört zu einem der die beiden Turmhallen des Kölner Doms umfassenden Zyklus, der einst nach Entwürfen des Wiener Künstlers Johannes (auch Johann) Klein (1823-1883) in der Tiroler Glasmalerei-Anstalt zu Innsbruck gefertigt worden war. Er wurde unmittelbar nach dem Tod Kleins 1884 eingebaut. Die Entwurfszeichnungen für 200 Szenen entstanden zuvor zwischen den Jahren 1879 und 1883. Da nun die beiden historistischen Fenster der Nordturmhalle des Westwerks im Zweiten Weltkrieg ausgebaut worden waren und der Herstellungsprozess der Glasgemälde durch den Briefwechsel zwischen Köln, Wien und Innsbruck besonders gut dokumentiert war, beschloss das Domkapitel 1996, die noch fehlenden Glasmalereien wiederherstellen zu lassen und am historischen Ort einzubauen. Das Fenster mit dem Titel „Die Offenbarung des Johannes“ konnte Dank einer Stiftung der Familie von Oppenheim im Jahre 2007 feierlich wieder eingesetzt werden. Zur gleichen Zeit wurde übrigens im Fassadenfenster des südlichen Querhauses eine farbige Verglasung nach einem Entwurf von Gerhard Richter (geb. 1932) eingebaut, die sich von Figürlichkeit völlig verabschiedet hat und die Gläubigen mit kleinen Mosaiksteinchen in poppigen Farben zu erfreuen sucht – jeder Besucher und jede Besucherin hat nun im Dom die Möglichkeit zu vergleichen, welche Fenstergestaltung diesem Gebäude angemessen ist.
Bei dem historischen Fenster sind unter dem Lamm Gottes zwei Vierpässe gesetzt, die in Figürlichkeit sowie Farbgebung identisch gestaltet sind und sich ergänzen. Jeder Pass zeigt jeweils sechs mittelalterlich geprägte Tore mit zwei Dreipässen und Zinnen, die durch rotes Mauerwerk mit kleinen Türmchen voneinander getrennt sind. Zusammen gedacht ergeben sich die zwölf Tore des Himmlischen Jerusalem. Jedes der zwölf Tore ist mit einem Engel besetzt. Alle diese zwölf Engel fallen durch unterschiedliche Gesten auf. Der Engel im unteren Vierpass sticht hervor, er ist größer als die übrigen und als einziger vollständig zu sehen. Das Fenster ist auch ein Beispiel, dass die Engelsbegeisterung unserer Zeit (um 2020) keinesfalls eine neue Erscheinung ist, sondern dass es in der Geschichte immer wieder Phasen gab, in denen die Darstellungen von Engeln überaus populär bzw. dann auch wieder verpönt war.
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