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Georg Meistermann (1921-1990): Kölner Fresko in St. Karl Borromäus (1968)

Die großformatige Fresko-Altarwand von Georg Meistermann (1921-1990) in St. Karl Borromäus in Köln-Sülz fügte sich harmonisch in die einstige Raumkomposition der römisch-katholischen Kirche ein. Soweit bekannt, ist des das einzige Neue Jerusalem des Meisters, welches nicht auf Glas dargestellt ist. Meistermanns Hoffnung war damals, dass der Betrachter in dem Wandbild selbst Straßen und Plätze visioniert, als ein Ausgangspunkt geistiger Räume und geistig-spiritueller Begegnung. Von der biblischen Stadtbeschreibung ist nichts weiter übernommen als die zwölf Perlen an verschiedenen Stellen des Wandbildes. Gut zu erkennen ist die größte Perle in der Mitte des Gemäldes ganz oben, die aus einem roten Farbstreifen herauswächst. Ein zweiter, kürzerer, ebenfalls roter Streifen ist aus kompositorischen Gründen darunter gesetzt.

An den Seiten sieht man links rechteckige Farbfelder in schwarzer, blauer, gelber und türkisfarbenen Tönung. Rechts sind es Farbstreifen, die wie Bänder nach unten laufen, zackenartig die Richtung ändern und Dynamik in die Komposition bringen. Das Bandmotiv wird im unteren Teil erneut aufgenommen, wo die horizontalen Streifen breiter und wellenartiger werden. Was fehlt, sind figürliche Komponenten wie Engel, Apostel, Christus oder auch nur Gläubige, für die die Stadt schließlich gedacht bzw. gemacht ist. Allein mit dem davor stehenden Holzkreuz kann man den Eindruck gewinnen, als befände sich Christus im Zentrum Jerusalems.
Im 21. Jahrhundert wurde der Innenraum maßgeblich umgestaltet, um ihn für Gottesdienste der syrisch-orthodoxen Kirche nutzen zu können. Traditionelle Ikonentafeln stehen nun in einem spannungsreichen Kontrast zu den modernen Wandmalereien im Hintergrund. Diese werden von den Tafeln links und rechts teilweise verdeckt, so dass das einstige Raumerlebnis nicht mehr erfahren werden kann. Problematisch erscheint dies nicht, bei meinem letzten Besuch wussten weder die Gottesdienstbesucher noch die Priester, was auf dem eigenartigen Wandgemälde dargestellt sein könnte. Georg Meistermann hat radikal mit der jahrhundertealten Tradition gebrochen, dass Bilder in Sakralräumen verstanden und eingeordnet werden können. Offen hat er auch davon gesprochen, dass seine Kunst nicht Orientierung geben möchte, sondern irritieren und verstören wollte. Dadurch hat Meistermann eine Entfremdung und Distanz vorweggenommen, die sich eine Generation später für den Katholizismus im Rheinland verhängnisvoll auswirkte und schließlich dazu führte, dass es in der Gemeinde keine ausreichenden Bestrebungen gab, den nie wirklich geliebten Kirchenraum weiterhin zu nutzen. Auch die syrisch-orthodoxe Nutzung wird nur eine Übergangslösung sein, bis dieser Raum profaniert und desakralisiert werden wird.

Festschrift zum 50-jährigen Bestehen des Kirchenchors St. Karl Borromäus Köln-Sülz 1932-1982, Köln 1982.
Karl Ruhrberg (Hrsg.): Georg Meistermann: Monographie und Werkverzeichnis, Köln 1991.
Werner Schäfke (Hrsg.): Georg Meistermann: Malerei, Köln 1991.
Claus Bernet: Das Himmlische Jerusalem in Deutschland, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 27).

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tags: Köln, Fresko, Rheinland, Moderne, Georg Meistermann
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