Emil Wachter (1921-2012): Deckengemälde in St. Martin, Ettlingen (1988)

Die evangelische Barockkirche St. Martin in Ettlingen blieb Jahrhunderte lang im Inneren unvollendet. In den 1980er Jahren präzisierten sich Pläne, die Deckenausmalung endlich anzugehen. Die Planer gingen davon aus, dass der moderne Mensch mit dem Thema Zukunft nur noch „Dunkles und Schreckliches“ verbinden würde und entschieden sich zu einem positiven Gegenbild. Damit war das Thema Himmlisches Jerusalem von Anfang an vorgegeben. Der Karlsruher Maler Emil Wachter (1921-2012) entwarf dazu, seinen Worten nach, „die Stadt als Geschenk von oben“. In Ettlingen war er bekannt, da er 1966 vielbeachtete Fenster in der katholischen Kirche der Stadt entworfen hatte.

In St. Martin dominieren blaue und helldunkle Goldtöne den Bildausschnitt. Von dem Lamm über der Stadt gehen sieben, dann vier Flüsse aus und bilden einen Art Zwiebelturm, in dem die himmlische Stadt wie eine Riesenglocke zu hängen scheint. Auf einem blauen Fundament oder Band im unteren Bereich – beschriftet mit dem oft zitierten Bibelvers „Siehe ich mache alles neu“ – erheben sich mehrere gestaffelte Häuserreihen und vereinzelt Sakralbauten. Hier hat der Maler in mühevoller Kleinarbeit zahlreichen Bauten ein individuelles Gesicht gegeben, obwohl man viele Einzelheiten der Entfernung wegen nicht oder nur unzureichend erkennen kann. Die Leistung ist umso größer, wenn man sich vergegenwärtigt, dass das Neue Jerusalem aus der gut Hundert Quadratmeter großen Decke nur ein relativ kleines Detail ausmacht. Wachter hat wochenlang, monatelang, jahrelang im Sommer wie im Winter an diesem Deckenfresko gearbeitet, bis 1988 die Vollendung gefeiert werden konnte. Die Stadt wurde bewusst auf das Dreieck der östlichen Stichkappe der Kirche gesetzt, auf die die Gemeinde während der Gottesdienste blickt. Gleichzeitig ist dies die prominente Altarseite. Auf der gegenüberliegenden Westseite ist mit Hochhäusern und Banken die Antistadt Babel zur Darstellung gebracht, die die Besucher am Ausgang hinter sich lassen.

Hubert Morgenthaler: ‚Die Vollendung der Welt und der Weg des Menschen …’, in: Badische Heimat, 71, 1, 1991, S. 121-130.
Klaus Frank, Robert Determann: St. Martin in Ettlingen, Bonn 1994 (Beiträge zur Geschichte der Stadt Ettlingen, 13).
Stadt Ettlingen, Stadtarchiv (Hrsg.): St. Martin in Ettlingen, Ubstadt-Weiher 2009.

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tags: Baden, Emil Wachter, Mosaik, Deckenmalerei, Glocke, Zwiebelturm
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