Der größte Schatz der Veitskapelle in Mühlhausen nordöstlich von Stuttgart ist, neben mittelalterlichen Altären, eine vollständig erhaltene Wand- und Gewölbemalerei aus der Zeit um 1385. Soweit bekannt, wurde sie während der Reformation und auch danach niemals übertüncht. Da mit dem Bau Meister der Bauhütte des Veitsdoms in Prag beauftragt waren, vermutet man, dass auch diese Malereien von böhmischen Künstlern ausgeführt wurden. Es müssen an die hundert Meister und Gesellen gewesen sein. Da die Bilder höchsten Qualitätsansprüchen genügen, muss davon ausgegangen werden, dass Fachkräfte an ihnen eine entsprechende Zeit gearbeitet haben.
Haben die Augen sich erst einmal an das gedämpfte Licht im Innenraum gewöhnt, kommen außergewöhnliche Bilder zum Vorschein. Auch bei dieser Kirche steigert sich die Pracht der Ausstattung zum Chor hin, zum liturgisch wichtigsten Raum jeder gotischen Kirche. Dargestellt ist dort, an der rechten Wandseite des östlichen Chorgewölbes, eine Szene, wie Petrus die Seligen in das Neue Jerusalem einlässt. Im unteren Bereich ist die Stadt als gotische Kirche gestaltet mit drei ungewöhnlich massiven Strebepfeilern. Die Architektur, aber auch die Färbung erinnert an norddeutsche Backsteinbauten, die es so in Württemberg kaum gegeben haben dürfte. Die Tür zur Kirche ist noch geschlossen, auf ihr sieht man kunstvolles Beschlagwerk. Direkt dahinter erhebt sich eine zweite Pforte, die diesmal offen scheint. Sie gehört zu einem mächtigen Torturm, der hauptsächlich das Himmlische Jerusalem präsentiert. Auf seine breite Basis ist ein filigraner Bau mit Satteldach gestellt, aus dem ein verspieltes Türmchen nach oben wächst.
Ulrike Claviez: Die Wandmalereien der Veitskapelle in Stuttgart-Mühlhausen, Tübingen 1976.
Veitskapelle Stuttgart-Mühlhausen, 1380-1980, hrsg. von der evangelischen Kirchengemeinde Stuttgart-Mühlhausen, Stuttgart-Mühlhausen 1980.
Volker Himmelein: Evangelische Veitskapelle Stuttgart-Mühlhausen, München 1998 (4).
Dörthe Jakobs (Hrsg.): Die Veitskapelle in Mühlhausen. Prag in Stuttgart, Ostfildern 2021.
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