
Johann Friedrich Fleischberger (1631-1665): „Zarte Jugend Werthe Tugend“ (1654)
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Claus Bernet
- September 28, 2022
Der Kupferstich zeigt eine verstorbene Frau in ihrem Bett, davor ihr Ehemann in Trauer. Im Hintergrund zieht sich die Silhouette der freien Reichsstadt Nürnberg entlang. Darüber erscheint Christus in den Wolken, und links von ihm das Himmlische Jerusalem (Ausschnitt). Die Verstorbene ist Maria Hagedorn (1636-1654), der Trauernde Johann Ludwig Hagedorn (1619-1668), Diakon an der Nürnberger Stadtkirche St. Ägidius.
Das Himmlische Jerusalem befindet sich in der oberen linken Ecke. Es handelt sich um einen kirchenähnlichen Bau mit vier ausladenden Stufen vor einer Rundbogenpforte. In dieser steht ein Mann mit einer Krone, der anscheinend ein Gitter oder eine Tür beiseite schiebt. Zu dieser Pforte bewegen sich fünf Gestalten mit Kerzen, die als die klugen Jungfrauen nach Mt. 25, 1-13 gedeutet werden, die öfters auf künstlerischen Werken mit dem Neuen Jerusalem in Verbindung gebracht werden. Auffallend sind die zwei Stelen seitlich der Pforte, sie über die Dachkante hinaus ragen und erst mit einem Zylinder, dann mit einem Kreuz enden.
Der Stich entstand im Jahr 1654 in Nürnberg, bei dem damals bekannten Künstler Johann Friedrich Fleischberger (1631-1665), der sich vor allem auf Porträts spezialisiert hatte, wie Kupferstiche zu Philipp Camerarius, Erdmuthe Sophia von Brandenburg-Bayreuth, Johannes Kobius oder Sebastian Hainlin. Das Blatt aus der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel (HAB IP 30) hat eine Größe von 17 x 15 Zentimeter, der Ausschnitt beträgt 8 x 4 Zentimeter. Da ein aufgedruckter Titel fehlt, werden zur Kennzeichnung die ersten Worte der Beischrift zu der Verstorbenen verwendet, also „Zarte Jugend Werthe Tugend“.
Michael Weber: Kurtze Leich-Lection Bey traurige Begräbnüs Der Erbarn und Tugendsamen Frauen Mariae, Deß Ehrwürdig- und Wolgelehrten Herrn M. Joh. Ludwig Hagedorn (…) Haußfrauen, Nürnberg 1655.
Wolfgang Harms: Deutsche illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts. Die Sammlung der Herzog August Bibliothek, Bd. 3, Tübingen 1989.
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