
Daniel Mosimmanuel de Gresle: Zweiwegebild als frühneuzeitliches Flugblatt aus Straßburg (1612)
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Claus Bernet
- September 28, 2022
Diese Stadt wird fast vollständig von einer Wolke verdeckt, vor der Christus als Weltenrichter erscheint. Er thront auf einem Regenbogen, begleitet von zwei Engeln, die mit Posaunen zum Jüngsten Gericht rufen. Hinter der Wolke, die an eine mittelalterliche Mandorla angelehnt ist, sieht man zahlreiche kleine Wohnhäuser wie in mitteleuropäischen Städten des 17. Jahrhunderts. Sie werden von einer massiven Mauer geschützt und zusätzlich von drei Rundtürmen an einer Seite. Zwei vordere Türme zeigen an, dass in diesen Engel Wache halten. Üblicherweise befindet sich im Zentrum des Neuen Jerusalem das Lamm Gottes oder Christus, der hier bereits in der Wolke dargestellt ist. Ihm zu Füßen, noch außerhalb der Stadt, sind unzählige Nackte versammelt, denen das Gericht bevorsteht.
Der Ausschnitt gehört zum einem 50 x 27 cm großem Flugblatt, welches 1612 in Straßburg geduckt wurde. Es zeigt den Lebensweg in Form des Buchstaben Y, wo an der Gabelung der Weg nach links in den Himmel und rechts in die Hölle führt. Diese Fassung hat sich in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel erhalten, wo es unter der Kurzsignatur IT 74 aufbewahrt wird.
An verschiedenen Stellen des Kupferstichs sind Zahlen zu entdecken, insgesamt nicht weniger als 46 Stück. Nummer 29 etwa erklärt: „Die heilige Statt eine wohnung der christlichen Kirchen mit ihrem Breutigam Christo“. Diese und andere Ausführungen stammen von Daniel Mosimmanuel de Gresle, der sie in deutscher und französischer Sprache abfasste.
Wolfgang Harms: Das pythagoreische Y auf illustrierten Flugblättern des 17. Jahrhunderts, in: Antike und Abendland, 21, 1975, S. 97-110.
Wolfgang Harms: Deutsche illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts. Die Sammlung der Herzog August Bibliothek, Bd. 3, Tübingen 1989.
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