Erich Waske (1889-1978): Druck „Ein Engel zeigt Johannes das neue Jerusalem“ (1919)
Es war unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg, als „Die Offenbarung Johannis“ 1919 im Berliner Verlag Axel Juncker erschien und in Weimar bei Dietsch & Brückner gedruckt wurde. Von den 150 handsignierten Drucken haben sich nur ein Dutzend erhalten. Nach dem Krieg hatten Untergangspropheten und düstere Visionen einer ungewissen Zukunft ebenso Konjunktur wie hehre Versprechungen einer goldenen Zeit. Künstlerisch hochwertige Drucke waren weniger gefragt; wer zu welchem Zweck diese kostenintensive Edition des jungen Künstlers finanzierte, ist nicht bekannt. Bei dem Druck von 1919 handelte es sich um dreizehn expressionistische Pinsellithographien auf Japanpapier von Erich Waske (1889-1978). Waske zählt zu den ersten Vertretern des Expressionismus. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war er einer der innovativen Künstler der „Neuen Secession“, der auch Mosaike, Plastiken und Glasmalereien anfertigte. Religiöse Werke sind in seinem Œuvre eine seltene Ausnahme.
Das letzte Werk seiner Lithographien „Die Offenbarung Johannis“ hat den Titel „Ein Engel zeigt Johannes das neue Jerusalem“. Die 61 x 43 Zentimeter große Darstellung der Stadt als Zwölfeck ist ungewöhnlich, ebenso der grelle Lichtkegel, der von oben links die gesamte Stadt trifft und große Teile des Stadtinneren, einschließlich der Stadtmitte, durch milchiges Licht dem Auge verbirgt. Auch die beiden Gestalten links, Johannes und der Engel mit einem langen Stab zum Vermessen der Stadt, scheinen von dem Licht geblendet und erheben schützend, fast abwehrend ihre Hände. Die Stadt schwebt nicht im Raum, sondern ist bereits auf die Erde herabgekommen. Grobe Blöcke auf einer niedrigen Stadtmauer markieren die Tore. Von den Mauern ziehen sich breite Straßen zu der Mitte, wo sich eine runde Erhöhung befindet, die man wegen des Lichts nur vage erkennen kann. Nach dem Text handelt es sich um den Zionsberg mit dem Lamm Gottes.
Erich Waske: Die Offenbarung des Johannes, Berlin (1919).
Joachim Kirchner: Erich Waske, Leipzig 1921.
Eva Korn: Erich Waske, in: Apocalypse now! Visionen von Schrecken und Hoffnung in der Kunst vom Mittelalter bis heute, hrsg. vom Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern, München 2014, S. 214-217.
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