Der schweizerische Maler und Zeichner Max Huber (1927-2005) schuf diese Ölmalerei im Stil des Surrealismus im Jahre 1965. Sie firmiert unter dem zweiteiligen Titel „Arbre de vie. Jérusalem céleste“ („Baum des Lebens. Himmlisches Jerusalem“). Auf dem 104 x 64 Zentimeter großen Bild ist unten ein gewaltiger Baum dargestellt (hier nicht abgebildet), der wie der altnordische Baum Yggdrasil die Schöpfung trägt. Hier ist es aber nicht die alte Schöpfung, sondern die neue Welt, die über dem Lebensbaum als das Himmlische Jerusalem erscheint. So schmiegen sich die Bauten direkt an die gerundete Laubkrone, ohne dass sie durch eine Stadtmauer getrennt sind. Die Farben sind klar und flächig zugewiesen: Grün für die Laubkrone, Braun für die Bauten und ein Blau für das Firmament, auf das der Künstler auch Sterne und ganze Galaxien gesetzt hat. Dabei sehen die meisten Häuser wie Ufo-Untertassen aus, nur hin und wieder findet man auch Sakralbauten wie antike Tempel oder orthodoxe Zwiebelkuppeln (vor allem an den beiden Seiten). Die Kirchtürme sehen wie Weltraumraketen aus und verleihen der Stadt etwas Wehrhaftes, auch Bedrohliches; nach anderer Sichtweise hat der Künstler hier Minarette eingesetzt, um auf ganz verschiedene Weltreligionen zu verweisen. Huber betrachtete solche Sichtweisen zurückhaltender, er betonte anderes: „Jerusalem ist eine Friedensstadt. Es ist eine kosmologische Vision am Ende von Raum und Zeit, nein, Raum und Zeit sind überwunden! Wie soll man das darstellen? Fremdartig, ungewohnt, irritierend. Gerade die Nacht, die Dunkelheit und die vielen Lichter in den Wohnungen zeigen an: Hier ist Heimkehr, hier ist Schutz, hier ist der Abend der Schöpfung“ (1999).
2018 stand das rückseitig signierte Gemälde für 1.500 Euro in Frankreich zum Verkauf an, vier Jahre später schon für 2.000 Euro.
Max Huber stammt aus Zürich und ist in Genf verstorben; er ist nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen schweizerischen Gebrauchsgrafiker, der von 1919 bis 1992 lebte. Der Max Huber, um den es hier geht, ist dem Symbolismus und der Esoterik zuzuordnen; Themen seines Schaffens waren die vier Elemente, alchemistische Metamorphosen, utopische Städte und kosmologische Fantasien; Stillleben oder religiöse Themen sind in seinem Schaffen eine seltene Ausnahme. Kennzeichen seiner Arbeiten sind eine Tendenz zur Fläche und starke, fast grelle Farben, sodann auch eine Figürlichkeit, die vom Comicstil beeinflusst ist.
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Beitragsbild: A. Neyroud