Paul Saint, William C. Ressler: Zweiwegebild „The Bridge“ (ab 1950er Jahre)

Das Bildmotiv „The Bridge“, welches auch unter der Bezeichnung „Cross to Salvation“ bekannt ist, schuf wohl in den 1950er Jahren der Künstler Paul Saint. Es befindet sich heute in Birmingham in einer Privatsammlung. Auf dem Bild sind bei dieser frühesten bekannten Fassung, wie üblich, die Hölle rechts und Jerusalem links angeordnet. Es handelt sich um ein klassisches Zweiwegebild nach Johannesevangelium Kap. 3, Vers 16. Bedrohlich öffnet sich die Hölle, doch oben baut sich das ewige Jerusalem als rettende Stadt auf und verheißt Rettung. Hier ist sie dargestellt als antikisierte Stadt. Das Besondere dieses Bildtypus‘ ist das gewaltige lateinische Kreuz, auf dem einige Gerettete den Höllenschlund überqueren und der Stadt entgegengehen. Es ist wie eine Brücke über ein Tal gelegt, wobei die zwei Seitenarme Sackgassen darstellen, alleine der gerade Weg führ zur Erlösung.

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Dieser neue Typus des Zweiwegebildes hat sofort Gefallen gefunden, „The Bridge“, wurde in frommen Kreisen rezipiert und kopiert. So gibt es eine alternative Fassung eines unbekannten Künstlers aus den 1960er Jahren. Das Himmlische Jerusalem ist nun etwas moderner gestaltet, als begrünte Großstadt mit modernen Blockbauten, die irdische Welt hingegen als verschlingendes Babylon mit den negativen urbanen Attributen wie Sünde, Isolation, Umweltverschmutzung. Zwischen beiden Städten befindet sich, wie auf dem Original, ein breites Tal, welches von dem Kreuz überbrückt wird. Hier allerdings schiebt sich das Kreuz von links nach rechts, und nicht, wie auf dem Original, in die andere Richtung.

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William C. Ressler malte „The Bridge“ erneut im Jahre 1983 (Größe: 76 x 46 Zentimeter). Er ist bislang der bedeutendste Künstler, der sich mit diesem Bildtypus auseinandersetzte. Der US-Amerikaner Ressler besuchte in Pennsylvanien die University of Arts und machte sich als frommer Bildproduzent in christlichen Kreisen der Prophetic Art einen Namen. Er war viele Jahre aktives Mitglied der American Watercolor Society und der Philadelphia Watercolor Society. Auf dem Bild wird durch Pfeile oder Wegweiser unten links eindringlich vor der Gefahr gewarnt, die Gegenüberstellung von Gut und Böse ist schärfer akzentuiert. So sind die Flammen kräftiger als auf den Vorgängerversionen, aber auch das Paradies, welches dem eigentlichen Himmlischen Jerusalem vorgelagert ist, wurde mit einem Fluss und zahlreichen Bäumen zu einer eigenständigen Zone.

 

2006 wurde das Motiv in Brasilien wieder aufgenommen. Dort brachte die Aliança Pró Evangelização das Crianças das Heftchen „O Caminho da Salvação“ heraus, in dem mit einfachen Worten und Bildern Kindern das Christentum erklärt werden sollte. Die vorletzte Zeichnung bringt die Kreuzesbrücke, auf die zusätzlich „Jesus“ geschrieben steht. Die Stadt auf der anderen Seite ist mehr eine massive Festung, in deren Ecken Leuchttürme gesetzt wurden.

 

Kurz danach wurde die Konzeption erneut verwendet, um Kindern den christlichen Glauben näher zu bringen. Die Zeichnung ist Teil der achtteiligen Serie „Der wunderbare, ewige Aufenthalt Gottes“ und wurde 2018 von der Association Évangile & Enfance in Saint-Laurent/Montreal in der kanadischen Provinz Québec herausgegeben. Das Kreuz wird hier zu einem Pfeil, der von der Erde nach oben zum Neuen Jerusalem verweist. Die goldene Stadt präsentiert sich als Fantasieschloss im Disney-Design, bereichert um drei christliche Merkmale: den Baum des Lebens links, den Fluss des Lebens in der Mitte und die Himmelspforte rechts.

 

Die überkonfessionelle Organisation „Evangelium in jedes Haus“ im österreichischen Regau brachte um 2024 ein Karte heraus, die an die Tradition der katholischen Gebets- und Andachtskarten des 19. Jahrhunderts anknüpft, freilich in einem modernen Design. Ihr Titel: „Jesus ist der Weg“. Bislang wurde das Kreuz stets über die Schlucht gelegt, hier jedoch kam man gleich auf zwei neue Einfälle: Das Kreuz steht hier senkrecht in der Schlucht, und der Weg führt nun auf dem waagrechten Balken entlang. Der zweite Einfall: Die Menschen, die sich hier wie kleine Ameisen bewegen, durchqueren direkt den Holzbalken, der zu einer gewaltigen Pforte mit Rundbogen heranwächst!

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