Pierre Méjanel (1837-1905), Adolphe-François Pannemaker (1822-1900): Antifreimaurerische Polemik (um 1886)
„La Légende de la Jérusalem Céleste“ („Die Legende des Himmlischen Jerusalem“) lautet die Überschrift zu dieser Zeichnung. Eine gewaltige Menge verzweifelter Menschen drängt in Richtung des Neuen Jerusalem, wird aber von bewaffneten Engeln brutal zurückgedrängt und in die Verdammnis gestoßen. Im Hintergrund sind noch die Mauern und Zinnen der niedrigen Gottesstadt zu sehen. Sie wird überstrahlt von einem Lichtkegel, der auf den zentralen weißen Engel mit dem Flammenschwert vor der Stadt fällt.
Es handelt sich bei dem Bild um einen Holzstich nach einer Zeichnung von Pierre Méjanel (1837-1905), einem französischen Buchillustrator aus Paris, der sich auf Freimaurer-Literatur spezialisiert hat. Gestochen wurde sie von Adolphe-François Pannemaker (1822-1900). Diese Illustration stammt aus dem Buch „Les Mystères de la Franc-Maçonnerie devoilés“ von Léo Taxil, die in Paris bei dem Verlag Letouzey & Ané vermutlich 1886 in der ersten Auflage erschienen ist. Man findet die einfarbige Zeichnung dort auf Seite 289.
Dargestellt ist der Sturm der Nachkommen Kains und Hirams auf des Neue Jerusalem, frei nach einer Legende der Freimaurer des 19. Jahrhunderts. Bei dem Buch handelt es sich jedoch um ein antifreimaurerisches Machwerk, das in weiten Teilen fiktiv ist. Verfasst wurde es von Marie Joseph Gabriel Antoine Jogand-Pagès (1854-1907) unter dem Pseudonym Léo Taxil, unmittelbar nach seiner Konversion 1885 vom Freidenkertum zum Katholizismus.
In dem genannten Band befindet sich noch eine weitere, nicht leicht auszumachende Illustration zum Neuen Jerusalem. Diesmal wird die Stadt nicht von außen, sondern in ihrem Grundriss präsentiert. Auf Seite 257 wird die Tafel „Grade de Chevalier d’Orient et d’Occident“ aus ebendieser Loge präsentiert. Hinter einem vorgezogenen Vorhang erscheinen sieben Symboltafeln, mit Szenen und Gegenständen aus der Apokalypse. Die sechste Tafel zeigt das Neue Jerusalem mit dem quadratischen Grundriss und drei Toren an jeder Seite. Leider wird der Grundriss durch die apokalyptische Lampe mit ihren drei Flammen davor beeinträchtigt, die der Künstler zur dramatischen Steigerung beifügte. Auch diese signierte Illustration stammt aus der Feder von Pierre Méjanel.
Léo Taxil: Les mystères de la Franc-Maçonnerie dévoilés, Paris (1886).
Jörg Lanz von Liebenfels: Der Taxilschwindel. Ein welthistorischer Ulk, Frankfurt am Main 1905.
Gérald Schurr: Les petits maîtres de la peinture. Valeur de demain, 6, Paris 1975.
Fabrice Hervieu: Catholiques contre francs-maçons. L’affaire Léo Taxil, in: L’Histoire, 145, 1991, S. 32-39.