Marian Zidaru (gest. 1956): Jerusalemtor des Klosters Glodeni-Vale in Rumänien (1990)

In Rumänien wurde tatsächlich ein Tor des Himmlischen Jerusalem nach- bzw. vorgebaut. Es ist das Tor eines Klosters in Glodeni-Vale bei Pucioasa im Vorland der Karpaten. Hier hat sich eine Gruppe orthodoxer Mönche und Nonnen zurückgezogen, die ihre Gemeinschaft „Noul Ierusalim“, also „Neues Jerusalem“, nennen. Eigentlich jedoch sind diese Mönche und Nonnen heterodox, da ihre Lebens- und Glaubensgemeinschaft vom Patriarchen Rumäniens nicht anerkannt wird.

Für die Gemeinde schien es naheliegend, den Jerusalems-Gedanken auch baulich zum Ausdruck zu bringen. Der Rundbogen des Haupttors, hinter dem der Klosterhof liegt, besteht aus vierzehn Engeln. Auf die Trägerstele ist der Erzengel Michael profiliert, der sich beim Öffnen des Tors teilt und beim Schließen wieder zusammenfügt. Zu seinen Seiten sind je sieben der erwähnten Engel aneinander gereiht. Zu Füßen des Erzengels liegt – einem Bienenkorb nicht unähnlich – der Zionsberg. Unter ihm findet man zwölf Schafe – ein uraltes frühchristliches Symbol für die Heilsgemeinde im apokalyptischen Kontext. Nur hier ist es so, dass die Schafe nicht seitlich, sondern frontal gesetzt sind. Über dem Erzengel wurde ein lateinisches Kreuz angebracht mit dem Trinitätssymbol. Große Teile des Tors, das mehr ein Gitter ist, blieben frei und gewähren so einen Einblick in dieses „Noul Ierusalim“.
Für das Tor konnte die Gemeinschaft Marian Zidaru (geb. 1956) gewinnen, einen der bedeutendsten Bildhauer Rumäniens. Er schnitzte das Tor aus Holz, bevor ihm mit Imprägnierfarbe ein bronzenes Aussehen verliehen wurde. Das Tor wurde zwischen 1987 und 1990, also noch unter der Diktatur, für die Rumänisch-Orthodoxe Kirche in Ghelari geschaffen. Dieser war das ungewöhnliche Kunstwerk nicht ganz geheuer, und so wurde es in die Glodeni–Pucioasa Anlage eingebaut.

Magda Cârneci: Marian Zidaru: disciple de Brancusi ou artiste prophète? In: Ligeia, 57/60, 2005, S. 239-251.
Doina Talmann, Günter Strunck: Marian und Victoria Zidaru: Das Künstlerpaar, Essen 2011.

 

Beitragsbild: Adar M.

tags: Tor, Tür, Rumänien, Holz, Erzengel, Lämmerfries, Orthodoxie, Zionsberg
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