Das Mosaik stammt von dem im Jahr 2002 verstorbenen Künstler Siegfried Steege (geb. 1933). Es wurde für den Gottesdienstraum der Kirche geschaffen. Damals, 1962, hatte Steege sich gerade selbstständig gemacht und führte als junger Künstler in Nordhorn eine seiner ersten Arbeiten aus. In der evangelischen Nordhorner Kirche stammen noch das Christusbild aus Emaille und die Altarleuchter von seiner Hand.
In der Mitte befindet sich eine große Fläche heller, warmer Gelb- und Ockertöne mit dem Agnus Dei. An dieser Stelle ist das Abendmahl als Opfer angedeutet: Aus dem Haupt des Tieres entspringt Blut, welches in einer Schale aufgefangen wird. An den Seiten sind als schlichte Rundbögen die zwölf Tore der Stadt angedeutet, zwischen denen ein dunkles Band als Stadtmauer eine quadratische Innenfläche umschließt. Der Künstler verstand sie als Mauer des Todes, die es zu überwinden gilt, wenn man Einlass in die Stadt begehrt. Dennoch fällt Licht durch die Tore auf die Mauer und bildet helle Inseln, das Licht reflektierende Flecken – es sind Hoffnungspunkte, die, laut Steege, den Pilger auf seinem Weg ermutigen und ihm die Richtung weisen: „Die hellen Erfahrungen in unserem Leben sind Widerschein eines größeren Lichts“, oder, biblisch gesprochen: „Bei Dir ist die Quelle des Lebens, und in Deinem Licht sehen wir das Licht“ (Psalm 36, 10).
Vor jedem der Tore steht ein weißer Engel zum Betrachter hin senkrecht ausgerichtet. Die untere Reihe der Engel scheint mit erhobenen Flügeln die Stadt zu tragen. Mit ihrer schmalen, hohen Gestalt und spitzen Flügeln setzen sie auch die Bewegung und Dynamik des expressiv gehaltenen Bildes fort, stehen aber in einem Kontrast zu der fülligen Gestalt des Lammes. Die Engel werden hier auch als Anklang an die Vertreibung aus dem Paradies verstanden (1. Moses, Kap. 3, Vers 24). Die jeweiligen Seiten mit drei Engeln ergeben zusammen eine breit angelegte Kreuzesform. Somit verdoppelt das monumentale Mosaik das Kreuz auf dem Altar, ähnlich wie später ein Mosaik aus St. Mariä Geburt in Mülheim an der Ruhr. In Nordhorn ist die Unterseite dieses Kreuzes breiter, denn auf ihr ist eine Straße eingezeichnet, die zu der Mauer hinführt. Ein großes, aus hellerem Licht gebildetes Dreieck deutet links die Bewegung und Richtung der Straße an.
Albert Freese: Das Mosaik – eine Deutung, in: Kirchenvorstand der ev. Kreuzkirche (Hrsg.): Wo der Herr nicht das Haus baut…: Evangelisch-lutherische Kreuzkirche Nordhorn, Nordhorn 2005, S. 16-19.