Das vermutlich älteste erhaltene Beispiel für eine Darstellung des Himmlischen Jerusalem in Architekturform hat sich im Mausoleum S. Costanza erhalten. Santa Costanza ist eine römisch-katholische Kirche in Rom, erbaut etwa 330 n. Chr., also zur Zeit Konstantins des Großen. Sie war ursprünglich als ein Mausoleum für seine beiden Töchter Constanza (häufig auch Constantina genannt) und Helena vorgesehen.
Auf dem Halbkuppelmosaik „Christus zwischen den Aposteln Petrus und Paulus“ befinden sich unten links und rechts zwei im Umriss identische hüttenartige Bauten, zwischen denen im Halbkreis vier Lämmer angeordnet sind. Hinter beiden Hütten zieht sich im Hintergrund jeweils eine Palme nach oben, deren Stamm man im Ansatz auf beiden Aufnahmen erkennt. Welche der Hütten nun Jerusalem und welche Hütte hier Bethlehem, welches auf Mosaiken ebenfalls oft dargestellt ist, kann in diesem Fall nach fast zweitausend Jahren nicht mehr mit Sicherheit entschieden werden. Vermutlich soll die linke Hütte mit dem offenen schwarzen und quadratischen Tor und der Mauerquaderung für Jerusalem stehen. Dagegen wurde die rechte Hütte im unteren Teil rekonstruiert und sah möglicherweise ursprünglich anders aus. Mit einer Entstehungszeit von vor 337 haben wir mit Sicherheit eine der ältesten sakralen Jerusalem-Repräsentationen vor uns. Selten jedoch ist die urbane Ausgestaltung so dürftig wie hier in S. Constanza ausgefallen. Am Anfang des Himmlischen Jerusalem steht also nicht eine edelsteingeschmückte, prachtvolle Architekturgigantomie, sondern ein einfachster Bau, der an Vitruvs Urhütte anzulehnen scheint. Lange sollte diese Bescheidenheit nicht andauern.
Karl Lehmann: Sta. Costanza, in: Art Bulletin, 37, 1955, S. 193-196.
Arabella d’Onofrio: Il Rinascimento riscopre l’antico. Il Mausoleo di Costantina attraverso i disegni del Rinascimento, in: Antonio Thiery (Hrsg.): Roma Salaria, Roma 2001, S. 101-110.
Achim Arbeiter, Jürgen J. Rasch: Das Mausoleum der Constantina in Rom. Spätantike Zentralbauten in Rom und Latium, 4, Mainz 2007.
Claus Bernet, Italo Faldi: Das Himmlische Jerusalem in Rom, Norderstedt 2012 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 2).