Das Bild „Nebeský Jeruzalém I“ (oben) von Václav Boštík (1913-2005) entstand 1989 und befindet sich in der Kunstgalerie von Eger (Cheb). Parallel dazu entstand „Nebeský Jeruzalém II“, eine signierte Pastellzeichnung auf Papier in der Größe 115 x 15 Zentimeter. In der Galerie „Prague Auctions“ (Prag) stand es 2011 noch für 5.800 Euro zum Verkauf an; der Besitzer hatte es 1996 direkt vom Künstler in dessen Atelier erworben.
In beiden Arbeiten werden geometrische Grundformen in zurückhaltender Weise präsentiert. Der undurchsichtige, verschwommene Eindruck korrespondiert mit dem mystischen Gehalt des Gegenstandes, wie ihn Boštík verstand: „Mit religiösen Themen habe ich mich immer wieder beschäftigt, allerdings mehr in abstrakter Weise. Ich war und bin sehr beeindruckt von Paul Klee und Mark Rothko, die ich auch als Persönlichkeiten schätze. In meinen späten Arbeiten experimentierte ich mit weichen Formen, fast verblassten Farben, wie im Nebel, Herbst oder Winter. Zu den Werken gibt es mehrere Vorstudien, die zum Teil anders heißen oder gar keinen Titel haben. Mir ist hier nicht wichtig, das Himmlische Jerusalem zu zeigen, sondern in dem Betrachter etwas auszulösen, was ihn an das Himmlische Jerusalem erinnern könnte. Das sind unterschiedliche Sachen: Das eine ist ein allgemeines Faktum, das andere eine individuelle Fiktionalität“ (Schreiben vom 4.10.1997).
Václav Boštík (1913-2005) gilt als eine der wichtigsten tschechischen Künstlerpersönlichkeiten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, aktiv auf dem Gebiet der Malerei, der Graphik und der Buchgestaltung. 1937 wurde er Mitglied der Prager Akademie, 1942 gehörte er zum Kunstforum (Umělecká berseda) und 1960 war er Mitbegründer der Künstlergruppe UB 12. Zunächst arbeitete er in realistischer Malerei, kam aber bald schon zu einem abstrakten Ausdruck, den er als kosmogonischen Prozess betrachtete, der auch Beziehungen zum Universum und zum mystischen Christentum beinhaltet. Nur unter schwierigen Bedingungen konnte er in der damaligen CSSR künstlerisch arbeiten, und erst die Revolution 1989 brachte dem Künstler dann eine späte Anerkennung und Würdigung. Das Thema „Himmlisches Jerusalem“ war für den bekennenden Katholiken Boštík nicht zufällig in der Umbruchszeit 1989 für mehrere Arbeiten als Thema aufgegriffen worden.
Eine spätere Arbeit, diesmal in der Größe 132 x 132 Zentimeter, ist „Nebeský Jeruzalém“. Sie wurde von der Prager Galerie Zdeněk Sklenář erworben und steht der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung. Boštík hat an dieser Ölmalerei von 1988 bis 1992 gearbeitet, die Entstehung fiel also direkt in die politische Umbruchszeit. In dieser Malerei begegnen sich Kreis und Quadrat: In einer kreisförmigen blauen Wolke erscheinen die zwölf Perlen der Stadt. Diese Perlen, jede für sich ein kleiner weißer Kreis, formieren zusammen ein Quadrat.
Karel Srp: Václav Boštík. Galerie hl. města Prahy Staroměstská radnice, 30.3. – 14.5.1989, Praha 1989.
Václav Boštík, Arbeiten auf Papier, Dresden 1993 (Sammeln und Bewahren, 71).
Václav Boštík: Výběr z díla 1936-1997, Brno 1998.
Václav Boštík: 1913-2005, Praha, um 2010.
Lenka Bydžovská: ‚…a viděl jsem nové nebe a novou zemi…‘. Apokalypsa a umění v českých zemích, Praha 2023.