Endter Bibelausgabe aus Nürnberg (1685)

Im Jahr 1683 zog Sultan Mehmed IV. mit einem Heer von 150.000 Kriegern vor Wien auf. Herzog Karl von Lothringen zog sich mit 30.000 Mann in die innere Stadt zurück, wo ihm noch einmal 11.000 kaiserliche Soldaten und 5.000 kampfbereite Bürger unter dem Stadtkommandanten Graf Ernst Rüdiger von Starhemberg (1638-1701) zur Verteidigung zur Verfügung standen. Der Kaiser Leopold I. war aus Wien geflohen. Am 14. Juli 1683 begann die Belagerung von Wien, die sich bis zum 12. September hinzog. Am Morgen des 12. September begann der Angriff des 80.000 Mann starken Entsatzheeres unter Polens König Jan III. Sobieski und Herzog Karl von Lothringen in der Schlacht am Kahlenberg. Noch am selben Tag waren die Türken zunächst besiegt.

Diese Ereignisse wurden von religiösen Menschen auch endzeitlich gedeutet. Ein Beispiel ist eine Bibelausgabe des Verlags Endter in Nürnberg. Sie erschien bei „Johann Andreas Endter(s) Söhnen“ 1685. Die einfachen Holzschnitte müssen unter der Furcht vor den Osmanen entstanden sein. Wer sie angefertigt hat, ist übrigens nicht bekannt.
Eine osmanische Truppe, zu erkennen an der Kopfbedeckung und an der Fahne mit Halbmond, stürmt in Tradition der Glaubensburgen auf Seite 1220 gegen das Himmlische Jerusalem. Selbst der Teufel hat sich links unter die Angreifer gemischt. Im Hintergrund erheben sich drei Türme und ein offen wirkendes Tor der Gottesstadt – ob sie den Angreifern standhalten kann, ist höchst ungewiss; von einer Verteidigung ist wenig zu sehen. Immerhin scheint es links Feuer und Mühlsteine auf die Angreifer zu regnen. Hoffnung verheißt die Gloriole aus dem Hintergrund der Stadt.
Oben im Himmel hat Gott das Buch mit den Sieben Siegeln geöffnet, die Toten stehen auf und begehren Einlass in die Gottesstadt. Unter ihnen rumort der Teufel und reißt immer wieder arme Seelen mit hinab in die Tiefen der Hölle.

Stefan Strohm u.a. (Bearb.): Deutsche Bibeldrucke: 1601-1800, Stuttgart 1993, S. 249.

 

tags: Bibelausgabe, Nürnberg, Holzschnitt, Belagerung, Teufel
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