
Diese exzellent erhaltene Arbeit in leuchtenden hellen Farben entstand in der Mitte des 17. Jahrhunderts. Erstaunlicherweise konnte sie auf das Jahr 1645 datiert werden. Das Manuskript ist in New Julfa (im heutigen Iran) hergestellt worden, dort unter Beteiligung der Künstler Malnazar und Aghap’ir. Daher hat es auch den Namen New Julfa Evangelium. Heute befindet sich die Kostbarkeit im Besitz der Kunstsammlung des Patriarchen der Armenischen Kirche in Jerusalem (Nr. 1933). Ein ähnliches Kunstwerk, eine Ölmalerei, findet man ganz in der Nähe in der Armenisch-orthodoxe Kathedrale Sankt Jakobus (ebenfalls 17. Jahrhundert). Offenbar hatte die Jerusalemer Armenische Kirche an dem Thema damals ein besonderes Interesse.
Von der Komposition her ist die Illustration auf fol. 544 deutlich an den älteren, aber farblich weniger hervorstechenden Kupferstichen von Hans Bol oder Nicolas Prévost ausgerichtet. Dramatisierend wirkt vor allem die Farbgebung, etwa zwischen den hellen Rottönen der Flammen und dem ruhigen Türkis der Stadt. Bei genauer Betrachtung fällt auf: die Flammen oben und an den Seiten züngel lebendig, während die Flammen unten starr als Reihe von Dreiecken aneinander gesetzt wurden. Dazwischen vermitteln die Tore, von denen hier alle zwölf zu sehen sind. In ihnen stehen dunkelblaue und rote Engelsfiguren.
Mit Gottvater, der weißen Taube (beide oben) und dem Christuslamm (unten) betont das Bild auch die Trinität. Christus ist in dem Bild übrigens ein weiteres Mal dargestellt, als guter Hirte im Vordergrund rechts. Einzigartig in Kombination mit dem Himmlischen Jerusalem und verwurzelt in der armenischen Kunst sind die zwei Musterbänder mit geometrischen Figuren, welche sich oben und unten durch das Bild ziehen.
Patrick Donabédian: Les arts arméniens, Paris 1987.
Patrick Donabédian: Armenische Kunst, Wien 1988.