Russisches Weltgericht (um 1750)

Fachleute datieren diese ungewöhnliche und wohl einzigartige Ikone aus Russland in die Mitte des 18. Jahrhunderts. Das Museum Russischer Ikonen im US-amerikanischen Clinton (Inventarnummer R2007.15) kaufte dieses Werk im Juli 2007 vom internationalen Auktionshaus Christie’s an. Wichtige Informationen, wie Provenienz, Künstler, einstige Besitzer u.a. sind längst verloren gegangen, vermutlich für immer. So ist auch die Herkunft aus Russland letztlich eine Spekulation, die nicht wirklich bewiesen ist.

Die Gesamtgröße der Tempera- und Goldmalerei beträgt 42 x 39 Zentimeter, wobei das Himmlische Jerusalem lediglich die obere linke Ecke ausfüllt und nicht mehr als 12 x 11 Zentimeter ausmacht. Unter vier verschieden großem Arkadenbögen haben sich nicht weniger als zwölf weißgekleidete Heilige zusammengefunden. Von den Arkaden sind die Träger, vermutlich Pfeiler oder Säulen, nicht zu sehen, da der Hintergrund komplett schwarz ausgefüllt ist, wie in einer Höhle oder Nische. Dadurch heben sich die weißen Figuren, vermutlich die zwölf Jünger oder die zwölf Apostel, besonders gut hervor. Die Architektur darüber ist an alte russisch-orthodoxe Kirchen bzw. Kapellen angelehnt, etwa die Christus-Erlöser-Kathedrale in Moskau oder die Sophienkathedrale im Nowgoroder Kreml. Man sieht eine rote Frontseite mit Fenstern und angedeuteten Verzierungen, darüber fünf Zwiebeltürme. Eine solche Darstellungsweise ist ungewöhnlich, singulär und von keiner anderen Weltgerichtsikone bekannt. Wie es bei Weltgerichtsikonen seit dem 17. Jahrhundert Tradition ist, steht auch dieses Himmlisches Jerusalem auf einem grünlichen Band von Wolken. Mit solchen Wolkenbänder sind hier auch andere Szenen unterlegt und teilen die Ikone in klar abgegrenzte Bildfelder ein. 

Claus Bernet: Ikonen des Weltgerichts, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 37).

 

tags: Weltgericht, Russland, Museum Russischer Ikonen Clinton, USA, Auktion, Christie's, Tempera, Apostel
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