
Die umfangreichen Wandmalereien aus der Kirche St. Georg in der galizischen Stadt Drohobych (heute in der Ukraine, Oblast Lemberg) stammen wohl aus dem Jahr 1666. Der Maler ist erfreulicherweise namentlich bekannt, es war Stefan Popovych Medytsky, vermutlich der Sohn eines orthodoxen Priesters. Viele Einzelheiten belegen, dass Medytsky mit der abendländischen Malkunst vertraut war. Die einst orthodoxe Holzkirche ist heute, wenn sie nicht von russischen Luftangriffen zerstört wurde, eine Filiale des Museums von Drohobych und wurde kürzlich von Lev Skop gesäubert und restauriert.
Auf der Südwand dieser Kirche findet man eine ungewöhnlich und individuell gestaltete Weltgerichtsdarstellung mit einem langen Zug von Heiligen. Diese streben alle dem Himmlischen Jerusalem im Hintergrund rechts zu. Die vorderen Menschen kann man anhand ihrer Kleidung bestimmten Heiligen oder sozialen Ständen zuweisen. Die ersten Ankommenden hinten vor dem Neuen Jerusalem sind allerdings bereits unbekleidet, womit gesagt sein will, dass im Jenseits die diesseitigen sozialen Distinktionen hinfällig sind. Die Geretteten werden nach dem Eintritt in die Stadt ein neues, weißes Kleid bekommen. Der Eingang in die Stadt, deren lange, kahle Mauer sich an den Geretteten entlangzieht, zeigt sich als Arkadenhalle im Renaissancestil. Mehrere Stufen führen in das Gebäude, von dem sich im Dachbereich drei unterschiedliche Türme mit roten Dachschindeln abzeichnen.
Lev Andrijovyč Skop (Hrsg.): Drohobyc’ki chramy vozdvyžennja ta Svjatoho Jura u doslidžennjach perši čytannja; materialy vystupiv 23 červnja 1998 r. m. Drohobyč, Drohoby 1998.
John-Paul Himka: Last judgment iconography in the Carpathians, Toronto 2014.
Claus Bernet: Die Frühe Neuzeit: Eine Hoch-Zeit der Jerusalemskultur, Norderstedt 2016 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 5,2).