Englische Apokalypsen MS 434 und Eton College MS 177 (um 1250)

Der genaue Entstehungszeitpunkt der Apokalypsehandschrift MS 434 ist nicht bekannt. Es handelt sich um eine illuminierte Handschrift in anglonormannischer Sprache aus der Londoner Lambeth Palace Library, die sich ursprünglich in einem englischen Frauenkloster befunden hat. Bislang wurde sie auf die Mitte des 13. Jahrhundert datiert.

Zunächst wird auf einer Miniatur von fol. 43v das Himmlische Jerusalem als mittelalterliches Stadttor gezeigt, welches, da man seine kunstvollen Beschläge sehen kann, noch geschlossen ist. Grüne Streifen auf der Mauerung verweisen auf die Edelsteine der Stadt. Neben dem Bau und fast ebenso groß wie dieser steht Johannes, der von einem Engel auf die Stadt hingewiesen wird.

Ein andermal erscheint das Himmlische Jerusalem auf fol. 44r, erneut zusammen mit Johannes und dem Engel. Diesmal ist die Stadt rechts der beiden stehenden Figuren eine Kombination aus Frontsicht und Grundriss. In diesen sind zwölf Namen von Edelsteinen eingeschrieben, die die Stadt schmücken. Auch die Steine selbst sind in ihren natürlichen Farben aufgemalt. Im Quadrat der Stadtmitte steht das Christuslamm, um das sich konzentrisch weitere Quadrate legen. In das äußerste Quadrat sind zwölft Tore gesetzt, drei an jeder Seite. Oben schiebt sich eine Dachzone mit sechs farbigen Türmen bis an den Bildrand.

 

Die Darstellung war Vorlage oder Nachahmung für eine andere englische Apokalypsehandschrift aus dem 13. Jahrhundert, von der leider ebenfalls wenig bekannt ist. Gesichert ist lediglich, dass auch dieses Exemplar aus einem Frauenkloster stammt. Es wird, für die Öffentlichkeit kaum zugänglich, in der Bibliothek des Eton College unter MS 177 (hier fol. 55v und 56r) aufbewahrt. Bei einem Vergleich fällt auf, dass die Formen abgegrenzter und die Farben wesentlich kräftiger sind. So haben die Miniaturen aus MS 177 auch rote bzw. blaue Rahmen bekommen, während fol. 43v von MS 434 noch ganz ohne Farbrahmen auskommt. MS 177 verwendet auch mehr Gold, etwa in der Mandorla oder im Zentrum der Stadt (als Hintergrundfarbe des Lammes).

Avril Henry: The Eton roundels. Eton College, MS 177 (Figurae bibliorum), Aldershot 1990.
Karsten Falkenau: Eton College MS 177. Ein englischer typologischer Zyklus des 13. Jahrhunderts, Berlin 1990.
Claus Bernet: Gotik, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 30).

 

tags: Lambeth Palace Library, Anglonormannisch, Stadttor, Edelsteine, Quadrat, Eton College Library, Gotik, Mittelalter
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