Nicolai Greschny (1912-1985): Fresko aus Sainte-Anne in Châtel-Guyon (1956)

In den 1950er Jahren war Nicolai Greschny (1912-1985) ein gefeierter Künstler, der in Frankreich viele römisch-katholische Kirchen ausgemalt hat. Darunter fällt auch die Wallfahrtskirche Sainte-Anne in Châtel-Guyon, einer Gemeinde nördlich von Clermont-Ferrand in der Auvergne. Die Arbeiten gingen während eines extrem kalten Winters, der dem Künstler schwer zu schaffen machte, vonstatten. 800 Quadratmeter Wand- und Deckenfläche mussten von Greschny während der Renovierung der Kirche neu bemalt werden. Die Arbeiten konnten nur durch den unermüdlichen Einsatz des Unternehmers Michel Mallet und des Priesters René Palmier zum Ende gebracht werden, der zum Dank für die Unterstützung von Greschny auf dem Fresko links vom Chor verewigt wurde. Die Feuchtigkeit und Kälte haben den Fresken schwer zugesetzt und Schäden traten kurz nach der Fertigstellung auf (vor allem auf der linken Seite des Neuen Jerusalem, was inzwischen restauriert wurde). Die Wirkung des Freskos wird weniger durch Flächigkeit erzielt als durch Detailgestaltung und Farbintensität, was diese Aufnahmen bei natürlichem Tageslicht zeigt. Dadurch hat die Malerei etwas Naiv-Kindliches; die Bauten der Himmelsstadt erinnern entfernt an Bauklötzchen.

Expressive Einflüsse sind unverkennbar, vor allem an der Zackenführung der Stadtmauer oder der Dachlandschaft. Beides erzeugt vor allem Schrägen. Davon ab hebt sich der harmonisch-runde Nimbus des Lammes mitsamt seiner weichen Binnenschraffur im Zentrum der Stadt. Das helle Blau, Bordeauxrot und Ocker sind auch die Grundfarben der übrigen Bemalung der Kirche.
Nicolai Greschny zeigt die Stadt mit ihren zwölf Toren. Sie sind wechselweise in blauer und roter Farbe gehalten und die aufgemalten Beschläge deuten an, dass sie noch geschlossen sind. Oben sind die Beschläge an der Innenseite, unten an der Außenseite. Ungewöhnlich sind vier weitere Tore oder Arkaden, die sich in der Mitte der Vorderseite der Stadt finden. Sie scheinen zu einem größeren Bau zu gehören, vielleicht einer Kirche, und stehen offen. Weiter hinten (links) wurde die Stadtmauer nochmals durch ein ungewöhnliches Objekt unterbrochen: Hier hat Greschny den Thron Gottes, der ansonsten mit Christus in der Mitte der Stadt zu finden ist (hier einmal ein eindrucksvolles Beispiel aus Russland), zwischen zwei Tore gesetzt. Die Figur darunter ist der Engel mit einem Maßstab oder Lineal, der die Größe der Stadt ausmisst um damit ihre Realität zu dokumentieren.

Diese Stadtdarstellung ist direkt unter eine Malerei gesetzt, die die Taufe Christus durch Johannes den Täufer zeigt. Beides findet sich im Taufbereich der Kirche, rechts vom Eingang, gegenüber dem Altar. Wo genau sich diese und viele andere Szenen befinden, zeigt eine hilfreiche Schautafel, die in den Eingangsbereich gestellt wurde.

Guy Veillet, Paul Lutz: Les fresques de l’église Sainte-Anne de Châtel-Guyon, Combrailles, um 1977.
Gilbert Assémat: Les fresques de Nicolai Greschny, Nouan-le-Fuzelier 1992.

 

tags: Wallfahrt, Auvergne, Schaden, naiv, Bauklötzchen, Arkaden, Frankreich
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