Die römisch-katholische Basilika Santa Sabina auf dem römischen Aventin-Hügel, fertiggestellt zwischen den Jahren 422 und 432, besaß einst eine prächtige, mit Mosaiken geschmückte Apsis. Diese ging verloren, und die neue Apsis mit einem Triumphbogen wurde 1560 von dem manieristischen Maler Taddeo Zuccari (1529-1566) ausgemalt und im 19. Jahrhundert durch Vincenzo Camuccini (1773-1844) weiter ergänzt. Vom Motiv her gesehen hielt Zuccari sich eng an die einstige spätantike Ausstattung. So haben sich links und rechts zwei Stadtdarstellungen erhalten, mit extrem vertikal verlaufenden Mauern, die für einen modernen Betrachter wie Getreidesilos aussehen. Sie alle haben eine weiß-schwarze Musterung, die die Quadersteine der Mauern andeutet. Beide Veduten haben einen ungewöhnlich breiten, offenen Rundbogen als Pforte in das Innere der Städte. Anstatt durch einen Lämmerfries sind die Städte hier einmal durch Tauben miteinander verbunden. Ob dies der ursprünglichen Fassung entspricht, oder ob nicht doch eher ein Einfall der Renaissance vorliegt, bleibt umstritten. Dennoch gibt es durchaus antike Vorbilder. Um das Jahr 400 ist auf einer spätantiken Schale eine Gravierung erhalten, die im unteren Teil links Jerusalem, in der Mitte den Fluss Jordan und rechts Bethlehem zeigt (Frederik van der Meer, Maiestas Domini, 1938, S. 49). Zwar fehlt die Titulatur der Städte, doch statt der Lämmer sind hier einmal Tauben auf der Schale zu sehen. Das Motiv war also durchaus im Westen verbreitet und nicht auf Fresken oder Mosaike begrenzt. Zumal passte es hier besser: Unten war der Raum ja bereits mit Medaillons besetzt, die Christus, Apostel und Heilige zeigen. Somit war nur noch darüber Platz, und in der Luft schwebende Lämmer hätten vermutlich etwas seltsam ausgesehen.
Christina Acidini Luchinat: Taddeo e Federico Zuccari, fratelli pittori del Cinquecento, Mailand 1999.
Julian Brooks: Taddeo and Federico Zuccaro. Artist-brothers in Renaissance Rome, Los Angeles 2008.
Claudia Tempest (Hrsg.): L’icona murale di Santa Sabina all’Aventino, Roma 2010.
