
Im Jahr 1960 wurde die Berner Johanneskirche mit drei Chorfenstern von dem Züricher Künstler Max Hunziker (1901-1976) ausgestattet. Es war die Zeit, als sich die reformierte Kirche von ihren nüchternen Innendekorationen verabschiedete und ähnliche Buntglasfenster wie die evangelischen oder katholischen Kirchen haben wollte. Im dritten Fenster ist oben das Lamm im Himmlischen Jerusalem dargestellt. Als Hunziker 1957 der Kunstkommission der Kirche seinen ersten Entwurf zur Diskussion vorlegte, regte sich Widerstand, da man bestimmte Details als „zu katholisch“ empfand:
Es handelte sich um eine farbintensive Zeichnung mit den vierundzwanzig Ältesten, die ein Quadrat formierten. In einer zweiten Reihe waren die zwölf Tore der Stadt gesetzt, in gelber, blauer und roter Farbe. In der Mitte war das Lamm positioniert, aus dem Blut in einen Abendmahlskelch fließen sollte. Alle diese Elemente finden sich seit dem frühen Mittelalter und sind tausendfach in der Kunst wiedergegeben worden. Was hier „katholisch“ sein sollte, ist vielleicht allein die Ablehnung moderner Kunst in den 1950er Jahren.
Die spätere Ausführung sieht dann etwas anders aus. Aus dem hellen, warmen Gesamtton ist ein eher dunkles, blaues und kälteres Fensterensemble geworden (Seitenfenster jeweils 1961, mittleres Fenster 1960) . Das zentrale Motiv zieht sich jetzt über zwei Bahnen und einem Tondo oben. Geblieben ist das Quadrat mit dem Lamm und dem Abendmahlskelch, der jedoch jetzt die Seite getauscht hat.
Weggefallen sind die Ältesten und die Tore der Stadt. An dessen Stelle setzte Hunziker rotblaue Strukturen und weiße Sterne, was manchen Betrachter an die britische oder US-amerikanische Flagge erinnert. Neu hinzu gekommen sind vier extrem schmale Engel mit langen, spitzen Flügeln über der Stadt. An den vier Seiten finden sich noch jeweils drei Perlen Jerusalems. Wegen der breiten Fensterstrebe zwischen den zwei Bahnen bleiben jedoch oben und unten eine Perle verdeckt, so dass lediglich zehn Perlen sichtbar sind. Oben ist in Hebräisch das Wort für Gott gesetzt; unten in lateinischen Lettern „Und wen dürstet, der komme“ (Johannesoffenbarung Kap. 22, Vers 17). Dort ist das Fenster unten rechts datiert und signiert (Max Hunziker KunstGlaser, 1960).
Jürg Liechti-Möri: Die Chorfenster von Max Hunziker in der Johanneskirche Bern, Bern 2001.
Carole Schneller: Max Hunziker, Zürich 2005.
Claus Bernet: Neues Jerusalem in Österreich, der Schweiz und der Alpenregion. Ein Kunstreiseführer, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 18).