Das orthodoxe St. Michaelskloster ist ein Mönchskloster am Michaelsplatz im Kiewer Stadtteil (Rajon) Schewtschenko (Ukraine). Im dortigen Krankenhaus befand sich einst eine 145 x 130 Zentimeter große Ikone (ohne Rahmen) mit der Darstellung eines Weltgerichts aus dem 17. Jahrhundert. Solches war überaus passend, da hier in der Krankenhauskapelle Sterbenskranke ihre letzten Blicke auf die Ikone werfen und Hoffnung auf ein jenseitiges Leben gewinnen konnten. Heute gehört dieses Kunstwerk zum Ikonenbestand des Ukrainischen Nationalmuseums von Kiew. Sie gehört in einem Umkreis von Werken, die man der „Kiewer Schule“ zurechnet. Einflüsse lassen sich auf spätere Arbeiten zeigen, etwa eine Weltgerichtsikone von 1850.
Das vollständige Kunstwerk ist insgesamt annähernd quadratisch, zu sehen ist hier allein die linke Hälfte. Darauf findet man unten eine Darstellung des Paradieses mit einer klassischen Paradiespforte, deren goldene Torflügel halb offen stehen, darüber die drei Patriarchen. Vor der Pforte warten zahlreiche Heilige in Reihen. Im oberen Bereich ist ganz links ein Torbogen eingebaut, ungeschmückt in einfacher Form in dem gleichen rosanen Farbton wie Teile der Paradiesarchitektur unten. Allerdings wurden bei dieser Pforte die Türflügel weggelassen, vielleicht, um einen Blick auf den Heiligen auf dem Thron zu ermöglichen. Mönche in dunklen Kutten bewegen sich von unten an das Tor und werden in Empfang genommen (Typus Fahrstuhlikone). Hinter dem massiven Torbogen stehen bereits mehrere Heilige, die Gott auf einem Thron anbeten. Dieser Bereich ist komplett von einem blauen Wolkenband umzogen und grenzt den heiligen Raum nach rechts und nach unten hin ab.
Larysa Chlenova: Shedevry ukrains’koho ikonopysu XII-XIX, Kiew 1999.
John-Paul Himka: Last judgment iconography in the Carpathians, Toronto 2014.
Claus Bernet: Die Frühe Neuzeit: Eine Hoch-Zeit der Jerusalemskultur, Norderstedt 2016 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 5,2).