Thomas Kesseler (geb. 1956) und Dietmar Filter: Kapelle des „Himmlischen Jerusalem“ in Bottrop (1997-2000)

Kirchen oder Kapellen, die im Titel das Himmlische Jerusalem führen und baulich darauf Bezug nehmen, sind selten. In Bottrop (Ruhrgebiet) wurde zwischen 1997 und 2000 durch die römisch-katholische Kirchengemeinde Herz-Jesu in unmittelbarer Nähe zum Kirchenraum in einem ungenutzten Turmzimmer eine Werktagskapelle eingerichtet. Diese erhielt den Namen „Himmlisches Jerusalem“. Bauleiter waren Thomas Kesseler (geb. 1956) und sein damaliger Assistent Architekt Dietmar Filter.

Die Herausforderung bestand darin, zwei Räum so umzubauen, dass sie für Feiern, Andachten oder kleinere Veranstaltungen genutzt werden konnten. Das Mauerwerk und die Fensteröffnungen des massiven Klinkerbaus konnten dabei, auch aus Denkmalschutzgründen, nicht verändert werden, was sich noch als problematisch herausstellen sollte. Von außen verweist kaum etwas auf die neue Gestaltung und Nutzung hin, sondern die Mauern wirken wehrhaft und burgenartig, womit vielleicht auf ein Motiv der Stadt Gottes als Burg oder Festung angespielt ist.

Im zwölf Meter hohen Turmraum, dem ersten der zwei Räume, entstand ein oktogonales Fußbodenfeld in Basaltstein. Das Achteck gilt als Form der Vollendung. Korrespondierend dazu schuf Thomas Kesseler ein mit Schwarzlot gemaltes quadratisches Glasbild zum Thema des Textes von Johannesoffenbarung Kap. 21, Vers 10-17. Es verdeckt nun die einzige Fensteröffnung und taucht den Raum selbst an Sonnentagen in ein Dämmerlicht, so dass Einzelheiten nicht erkannt werden können. Da hilft es auch wenig, dass das zentrale Mittelfeld weiß belassen wurde. Um dieses Feld sind an vier Seiten je drei schwarze Blöcke gesetzt, die Besucher an die Kaaba in Mekka erinnern. Es sollen aber die Tore der christlichen Stadt sein, wenngleich hier von Edelsteinpracht oder Gold nichts zu sehen ist. Das gesamte Werk ist aus aufgekritzelten Strichen zusammen gesetzt, wie man es von Kinderzeichnungen her kennt. Irritierender, kälter und fast schon düster ist die Himmelsstadt kaum einmal dargestellt worden. Selbst die Beleuchtung hilft wenig, da diese aus Kostengründen wie wegen Personalmangel so gut wie nie zum Einsatz kommt. Viele empfinden den Raum als beängstigend und hoffnungslos; und obwohl er mit viel Aufwand umgestaltet wurde, finden sich kaum Besucher ein.

Inhaltlich beruht das gesamte Konzept auf dem oben genannten Text aus der Apokalypse, der grundlegende Vorstellungen für Kirchenbauten aller Zeiten beinhaltet. Er thematisiert die Anlage, Materialität und Farbigkeit der Himmelsstadt. Der Kapellenraum des Bottroper Himmlischen Jerusalem zeichnet sich daher vor allem durch sein meditatives Raumgefühl aus: Schlichte Möblierung und Farbgebung ergänzen einen zurückhaltenden monolithischen Altar, der dem Jerusalem-Bild vorgesetzt ist. So stellt das Glasbild vor dem tiefen Turmfenster ein abstraktes Bild der Maße dar, wie sie in der Apokalypse vorgegeben sind. Der oktogonale Basalteinlass im geschliffenen Estrich des Turmbodens nimmt dann Bezug auf den Grundriss der Himmelsstadt. Einfache kubische Möbel sind außen mit dunkelfarbigem Linoleum bezogen. Sichtbare Flächen im Inneren der Vitrinen sind mit grauem Filz belegt. Hier finden sich eine aufgeschlagene Bibel (Apokalypsetext) sowie ein Bild der Apokalypse von Albrecht Dürer.

Thomas Tebruck: Die Werktagskapelle in der Herz-Jesu-Kirche in Bottrop, in: Das Münster. Zeitschrift für christliche Kunst und Kunstwissenschaft, 56, 2003, S. 67.
Michael Schlagheck: Die Kapelle in der Kirche Herz Jesu, Mühlheim an der Ruhr 2010.

 

tags: Ruhrgebiet, Kapelle, Ölgemälde. Albrecht Dürer, Quadrat, Innenraum
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