Mittelalterliches Marienfenster der Burgkirche von Ingelheim (1406)

Das mittlere Chorfenster der evangelischen Burgkirche von Ingelheim (Rheinhessen) entstand vermutlich im Jahr 1406. Obwohl damit die Entstehungszeit eingegrenzt ist, bleibt der Glasmeister dieser Arbeit unbekannt. Es wird heute als „Marienfenster“ bezeichnet, da Maria als Patronin der Ritter das zentrale Thema dieser Burgkirche ist und auf dem Fenster auch bildlich zur Darstellung kommt. Man findet es im Chorbereich der Kirche. Über eine Geburtsszene im unteren Bereich ist ein großes Stadttor gezogen, welches oben mit weißen Streifen und vergoldeten Applikationen geschmückt ist. Hinter und über diesem Triumphbogen zeichnen sich mehrere Bauten in unterschiedlichen Gelb- bzw. Goldtönen ab, man findet vor allem gotische Fenster und Kuppeln. Gerahmt ist diese Himmelsarchitektur ohne Vorbild links und rechts von weißen Engeln mit goldenen Flügeln. Weitere Tore, die jedoch mehr schmückendes Beiwerk sind, lassen sich in den Ecken unten links und ebenso rechts finden, über die zwei mittleren Fensterbahnen verbunden durch eine dreilagige Stadtmauer, welche sich als Band unten entlang zieht. Zwar wurde das Fenster im 19. und 20. Jahrhundert überarbeitet und ergänzt, doch die meisten der 2900 Glasteile stammen immer noch aus dem späten Mittelalter. In Deutschland ist dies die älteste heute erhaltene Darstellung des Himmlischen Jerusalem auf einem Glasfenster am originalen Standort. Es überstand den Zweiten Weltkrieg, da man es vorsorglich ausbaute, im Gemeindehaus einlagerte und nach 1945 wieder einfügte; ebenso überlebte es den den Purifizierungswahn der 1960er Jahre und steht heute unter Denkmalschutz.

Philipp Krämer: Die Burgkirche zu Ober-Ingelheim, Ober-Ingelheim 1960.
Ursula Peschloff: Ober-Ingelheim. Evangelische Burgkirche, Passau 2000.
Förderverein zur Erhaltung der Burgkirche zu Ingelheim (Hrsg.): Das Marienfenster der Burgkirche zu Ingelheim, Ingelheim 2003.

 

tags: Burgkapelle, Burg, Spätmittelalter, Gold, Triumphbogen
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